Letzte Freiluft-Bastion wankt: Lob für Klobenstein
Klobenstein (dpa) - Seit nicht einmal zwei Wochen finden in Inzell Eisschnelllauf-Rennen unter dem neuen gläsernen Dach statt. Nachdem die 36 Millionen Euro teure Halle erstmals für Trainingsläufe öffnete, ist die Arena Ritten von Klobenstein nun die letzte Freiluft-Bastion der Eisschnellläufer.
Zum zweiten Mal nach 2007 treffen sich an diesem Wochenende auf dem traumhaften Hochplateau in Südtirol die Athleten zu den Europameisterschaften im Mehrkampf. „Ich liebe Klobenstein. Dort habe ich schon mit acht Jahren zum ersten Mal trainiert. Luft, Eis, Natur, freundliche Menschen - dort stimmt alles“, sagte die fünfmalige Europameisterin Anni Friesinger-Postma und outete sich als Fan der idyllischen Bahn am Fuße des Rittner Horns. Bei gutem Wetter verschafft allein der Ausblick auf die umliegenden Dolomiten-Riesen der Sella-Gruppe oder die Marmolada den Läufern Hochgefühle.
Nach der WM 2005 in Inzell entschied die Internationale Eislauf-Union ISU, Weltmeisterschaften nur noch an Hallen-Bahnen zu vergeben, die in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten wie Pilze aus dem Boden schossen. Bei der EM aber macht man noch Ausnahmen. So ging der Zuschlag für das kommende Jahr an Budapest, wo auf einer Kunsteisbahn im Stadtwald vor der Kulisse einer Burg gleichfalls ungewohnte Bilder zu erwarten sind. Dauerhaft steht die Bahn aber für Eisschnelllauf-Wettkämpfe nicht zur Verfügung.
Anders ist es in Klobenstein, wo auch schon erste Gedanken an ein Hallendach aufkamen. „Es wäre ein Frevel, wenn man in dieses Ambiente eine Halle setzen würde“, sagte Mehrkampf-Bundestrainer Stephan Gneupel, der natürlich weiß, dass die Bedingungen nicht mit denen in der Halle vergleichbar sind. „Bei gutem Wetter ist das Eis sehr schnell. Aber für die kommenden Tage sind Schneeregen und Schnee angesagt: Da wird es ganz hart. Da setzt sich nur durch, wer den schwierigen Bedingungen am besten trotzen kann“, meinte der Erfurter und fügte hinzu: „Wer soll da Martina Sablikova eigentlich schlagen?“ Die Doppel-Olympiasiegerin aus Tschechien gilt als Top- Favoritin auf ihren dritten Titel.
Kaum noch jemand weiß, dass die EM-Premiere vor 120 Jahren auf der Spritzeisbahn auf dem Hamburger Heiligengeistfeld am Millerntor stattfand und auf einer fast 700 Meter langen Runde drei Bahnen eingerichtet waren. Nur Herren waren damals startberechtigt. Mit der olympischen Premiere 1988 in Calgary begann 100 Jahre später der Siegeszug der Hallen-Bahnen, und trotz aller Widrigkeiten blutet den meisten Athleten das Herz, sollten künftig auch die letzten Eis-Bastionen unter freiem Himmel fallen.