Pechstein siegt im Doppelpack
Inzell (dpa) - Claudia Pechstein lächelte freundlich, winkte kurz ins Publikum und gab sich entspannt. Bei den deutschen Eisschnelllauf-Meisterschaften in Inzell spielte die mit 41 Jahren älteste Athletin der Weltelite mit dem Gewinn beider Langstrecken ihre Favoritenrolle aus.
Sie wies Rivalin Stephanie Beckert deutlich in die Schranken. Die nationalen Titel Nummer 18 und 19 schmücken nun ihre Trophäensammlung der Berlinerin, die in den vergangenen Wochen wieder mit Attacken auf den Weltverband ISU und die Athletenvereinbarungen auf sich aufmerksam gemacht hatte.
„Ein optimales Wochenende. Es lief wie erhofft. Ich habe auf Gleichmaß gesetzt und musste nicht das Letzte geben. Es war ein ideales Training für die Weltcuprennen in Übersee“, urteilte Pechstein, nachdem sie am Sonntag nahezu konkurrenzlos die 5000 Meter in 7:10,45 Minuten gewann. Tags zuvor hatte sie ihre Rivalin Stephanie Beckert in 4:07,20 Minuten um mehr als fünf Sekunden auf Platz zwei verwiesen. „Die Weltspitze ist noch ein Stück weg“, räumte sie aber ein.
Beim niederländischen Titelkampf war Weltmeisterin Ireen Wüst immerhin noch fünf Sekunden schneller. Zum ersten Aufeinandertreffen der Weltelite kommt es beim Auftakt der Weltcupserie in zwei Wochen in Calgary. Dann geht es auch um die begehrten Olympia-Tickets. Pechstein will in Sotschi ihre sechsten Spiele erleben und sich den Traum von der zehnten Medaille erfüllen.
Stephanie Beckert verzichtete auf die Rennen am Sonntag, war aber auch nach ihrer Niederlage über 3000 Meter nicht unglücklich. „Es lief besser als in der Vorwoche. Ich muss mich jetzt wieder von Lauf für Lauf nach vorn kämpfen“, fügte sie hinzu, nachdem sie Bente Kraus im direkten Duell erst auf den letzten Metern abfangen konnte.
Erstmals standen in Inzell vier Beckert-Geschwister bei einem Titelkampf auf dem Eis. Während Jessica (19) und Pedro (18) mit individuellen Bestzeiten aufwarteten, stahl der WM-Achte Patrick Beckert diesmal der berühmteren Schwester Stephanie ein wenig die Schau. In einem furiosen Rennen bezwang er über 5000 Meter Lokalmatador Moritz Geisreiter und verpasste in persönlicher Bestzeit von 6:18,45 Minuten den deutschen Rekord nur um 1,64 Sekunden.
„Bei den Weltcups auf den schnellen Bahnen wird der Rekord fallen. Die Frage ist nur, ob Moritz oder ich ihn brechen. Aber das ist nötig, um in die Top Sechs zu kommen“, kündigte der 24-Jährige an, der zum zweiten Mal nach 2012 auch den Titel über 1500 Meter gewann.
Für eine Überraschung sorgte seine Vereinsgefährtin Judith Hesse, die sich ihre ersten zwei Einzeltitel sicherte. Über 500 Meter profitierte sie vom Sturz der Top-Favoritin Jenny Wolf, die zuletzt sechsmal in Serie gewann. Im zweiten Lauf zeigte Wolf alte Klasse und holte sich in 37,74 Sekunden ihren Bahnrekord zurück. „Schade, dass ich bei meinen letzten Meisterschaften nicht auf dem Treppchen stehe“, bedauerte Wolf, die nach Sotschi ihre Karriere beendet.
Über 1000 Meter stoppte Judith Hesse in guten 1:15,92 Minuten auch die Erfolgsserie von Monique Angermüller (1:16,17) mit vier Titeln hintereinander. „Ich bin selbst total überrascht von dem Lauf und der Zeit. Ein Super-Wochenende“, sagte die kleine Thüringerin strahlend. Die Berlinerin Angermüller hielt sich mit dem Gewinn ihres vierten 1500-Meter-Titels vor Pechstein schadlos.
Am Boden zerstört schien indes Samuel Schwarz trotz seines vierten 1000-Meter-Titels in Serie. „Ein enttäuschendes Rennen, ich habe meinen Rhythmus nicht gefunden“, meinte er frustriert nach seinem insgesamt 15. Meisterschaftsgold (1:10,10). Über 500 Meter kam der Berliner hinter Rekordhalter Nico Ihle (35,50/35,22) auf Platz zwei.