Pechstein will CAS anrufen und Schadenersatz
Berlin (dpa) - Was jetzt als sauber gilt, kann auch früher kein Betrug gewesen sein - mit diesem Argument will Claudia Pechstein nun vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS um ihre Rehabilitierung kämpfen.
In einer Mitteilung kündigte die 39-Jährige wenige Stunden vor ihrem Weltcupstart in Heerenveen den Gang nach Lausanne an, wo einst der CAS ihre zweijährige Sperre durch die Internationale Eislauf-Union (ISU) endgültig abgesegnete.
Pechstein will die ISU zu einer Erklärung zwingen, warum sie trotz weiterhin erhöhter Retikulozytenwerte unbehelligt Spitzenplätze erlaufen darf, nachdem die Blutwerte 2009 noch zu einer zweijährigen Sperre geführt hatten. Ein entsprechendes Ultimatum an die ISU war am Donnerstag abgelaufen. Der Weltverband hat am Mittwoch in einem Schreiben an die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) mitgeteilt, die Sperre sei auf den damals in Kraft gewesenen Regeln begründet und der Fall abgeschlossen.
Als Argument zu ihren Gunsten wertet Pechstein einen Bescheid der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) vom Montag. Nach Pechsteins Selbstanzeige vom 13. September hätten sich Anhaltspunkte für einen möglichen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen nicht erhärtet. „Damit hat jeder meiner Kritiker erstmals schwarz auf weiß, dass ich auch im zarten Alter von fast 40 Jahren meine Spitzenleistungen völlig sauber aufs Eis bringe“, erklärte Pechstein, die eine vererbte Blutanomalie geltend macht. „Der NADA-Entscheid ist in meinen Augen eine schallende Ohrfeige für den Weltverband.“
Die NADA-Vorsitzende Andrea Gotzmann betonte in einer Mitteilung, es sei irreführend, von einer Wende im Fall Pechstein zu sprechen. Die Entscheidung, aktuell kein Verfahren einzuleiten, habe mit der abgelaufenen Sperre nichts zu tun, fügte Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer hinzu. „Rückwirkend von einer Rehabilitation zu sprechen, ist deshalb falsch“, erklärte Mortsiefer. Von einer generellen Entlastung Pechsteins könne ebenfalls keine Rede sein.
Ihr Anwalt Alexander Friedhoff erklärte dagegen, die ISU gebe durch die Blume zu verstehen, dass eine Verurteilung nach den jetzigen Regeln nicht mehr möglich wäre. Im ISU-Brief verweist Generaldirektor Fredi Schmid nur darauf, Pechstein werde genauso behandelt wie alle anderen Läufer im Testpool. „Die ISU kann und will nicht kommentieren, ob es laufende Untersuchungen gegen andere Läufer gibt“, schreibt Schmid. Jurist Friedhoff hält dagegen: „Entweder sind die Blutwerte von Frau Pechstein auf Doping zurückzuführen oder nicht. Wenn ja, muss sie auch nun wieder angeklagt werden. Wenn nicht, muss die ISU sie rehabilitieren.“
In der ARD hatte Pechstein am Donnerstag erneut angekündigt, auch eine finanzielle Entschädigung zu verlangen. „Es ist so, dass ich jetzt eine Schadensersatzklage in Erwägung ziehe, und die werde ich definitiv auch vollziehen. In astronomischer Höhe wird die Summe sicherlich ausfallen.“