Silber für Savchenko/Szolkowy - Steuers System-Kritik
Zagreb (dpa) - Zehn Jahre laufen Savchenko/Szolkowy schon internationale Wettkämpfe, doch noch nie fühlten sie sich so klar abgewertet wie bei der EM in Zagreb. Mit Silber konnten sie sich nach einem Sturz anfreunden, die Noten waren jedoch allzu schlecht.
Aljona Savchenko machte gute Miene zum bösen Spiel. Sieben Punkte Abstand konnte niemand erklären. Ungerecht? „Klar, das ist doch logisch“, meinte die 29 Jahre alte Paarlauf-Weltmeisterin nach der allzu klaren Titelentscheidung für die Russen Tatjana Wolossoschar und Maxim Trankow bei der Eiskunstlauf-EM in Zagreb. „Es ist nur schade für die Zuschauer. Sie alle sagen, das geht gar nicht.“
Savchenko und Partner Robin Szolkowy wirkten trotz des verpassten Titels entspannt wie selten. Denn schon lange vor dem spannenden Donnerstagabend im Dom Sportova war ihnen klar gewesen, was passieren würde und dass sie Außergewöhnliches leisten müssten, um ihr fünfte EM-Gold zu ergattern.
„Wir können nur unsere Leistung zeigen, gut laufen und warten, was der liebe Gott uns gibt“, fasste Savchenko etwas sarkastisch die Bewertung der Eiskunstlauf-Jury zusammen. Ingo Steuer drückte es drastischer aus: „Das neue Wertungssystem hat gezeigt, dass es sinnlos ist“, sagte der Trainer, „es ist alles nur versteckter“. So neu ist das Wertungssystem allerdings auch nicht: Nach den Olympischen Spielen 2002 war die 6,0 abgeschafft worden. Seit 2004 ist die Wertungsskala nun nach oben offen.
Silber nach ihrer einfühlsamen und modernen Darbietung zum legendären „Bolero“, mit dem die Eistänzer Jayne Torvill/Christopher Dean 1984 zu Olympia-Gold geschwebt waren, war für die Chemnitzer angesichts ihres bisherigen Saisonverlaufs okay. Lange hatte Savchenko nicht trainieren können wegen eines chronischen Infektes, zwei Wettkämpfe hatten sie vor der EM in diesem Winter erst bestritten.
In der Kür in Zagreb hatte sich die gebürtige Ukrainerin dann einen Sturz beim Salchow erlaubt. Doch war schon nach dem Kurzprogramm der Abstand von drei Punkten allzu offensichtlich zu den großen Widersachern im Hinblick auf die Olympischen Spiele im nächsten Frühjahr in Sotschi.
„Ich kann mich noch an meine eigene Karriere erinnern, als ich mit Mandy Wötzel Weltmeister war und im Jahr darauf vor den Spielen in Nagano die Russen in den Grand Prix hochgewertet wurden“, erzählte Steuer. Paarlauf sei die einzige Disziplin, in der Russland bei den Heimspielen im Februar 2014 im Eiskunstlauf gewinnen könnte.
Auch Russlands Star Jewgeni Pluschenko wird keine Chance auf einen zweiten Olympiasieg haben. Das wurde am Donnerstagnachmittag deutlich. Der 30-Jährige, gebeutelt nach zehn Operationen an Knie und Rücken, gab schon nach dem missratenen Kurzprogramm auf.
„Um Gold im Paarlaufen zu bekommen, tun die Russen alles. Und es sieht so aus, dass sie es schaffen können“, meinte Steuer, der diese Benachteiligung mit der Verbesserung des Programms seiner Schützlinge kontern will.
Nach der WM im März im kanadischen London geht es an die Vorbereitung für Olympia - das wichtigste Element wird der dreifache Wurf-Axel sein, den derzeit kein anderes Paar beherrscht. Er soll so viele Zähler einbringen, dass die Jury nicht mehr so einfach an ihnen vorbeikommt. „Wir wollen uns der Sache stellen, kämpfen haben wir gelernt“, lautet Steuers Devise.
Besonderes Kopfschütteln löste im deutschen Lager vor allem die hohe Benotung der künstlerischen Ausführung von Wolossoschar/Trankow aus. Daher auch Steuers Erkenntnis: „Wenn wir nicht besser sind im technischen Bereich, können wir nicht gewinnen. Wir versuchen alles mit legalen Mitteln.“ Zu klar war die Botschaft an die viermaligen Weltmeister, die über Jahre die Szene beherrscht haben.