Mythos Kitzbühel - Abfahrer-Sorgen, Hoffnung Neureuther
Kitzbühel (dpa) - Stephan Keppler strahlte am Fuße der berühmten Streif als einzig verbliebener deutscher Starter für die Abfahrt in Kitzbühel Zuversicht aus. „Ich mach' die WM-Quali auf jeden Fall hier noch.
Dann gibt es kein Gerede“, versicherte der Vorjahres-Achte bei Kaiserwetter in Kitzbühel.
Im Training hatte Keppler bei minus fünf Grad und Sonne satt nach den schlechten Trainingsergebnissen mit den Plätzen 36 und 42 an den Vortagen diesmal als 19. eine verbesserte Vorstellung geboten. Doch Cheftrainer Karlheinz Waibel war damit noch nicht zufrieden. „Von dort, wo er herkommt, war es eine Steigerung. Aber er war bei weitem nicht da, wo er hin will“, sagte ein zerknirscht wirkender Waibel - anderthalb Wochen vor den Weltmeisterschaften.
Anders als bei dem Technik-Team, das angeführt von Felix Neureuther im Weltcup auftrumpft, sind die Abfahrer längst nicht dort, wo der Verband sie gerne hätte. Während diese im österreichischen Ski-Mekka noch um das WM-Ticket kämpfen sollen, will Neureuther nach dem Sieg von Wengen den zweiten Erfolg am Ganslernhang feiern.
„Es ist jedes Jahr immer wieder eine Herausforderung. Den Reiz, weil man es schon mal gewonnen hat, verliert es sicherlich nicht. Kitzbühel ist immer Mythos“, schwärmte Neureuther, der irgendwann in seiner Karriere („ein großes Ziel“) auch die Abfahrt auf der Streif meistern will. Doch bei der 73. Auflage der traditionsreichen Hahnenkamm-Rennen steht für ihn eben nur der Slalom am Sonntag auf dem Programm. Der Zielraumsprecher warb schon am Donnerstag, als der Österreicher Klaus Kröll vor Favorit Aksel Lund Svindal (Norwegen) Trainingsschnellster war, für das große Duell Neureuthers gegen Österreichs Ausnahmekönner Marcel Hirscher.
Den Auftakt machen aber Super-G am Freitag und Abfahrt am Samstag - die letzten Speedrennen vor der am 5. Februar beginnenden WM in Schladming. Auf dem Weg zum Saisonhöhepunkt hat bislang im deutschen Speedteam nur Tobias Stechert die WM-Norm erfüllt. Und der Oberstdorfer, starker Fünfter Anfang der Saison in Lake Louise, ist seit seiner Verletzung aus dem November nicht mehr am Start gewesen. In Kitzbühel fuhr der 27-Jährige immerhin wieder erste Schwünge auf der Einfahrpiste. Die Chancen auf die WM bezifferte er auf „fifty-fifty“.
Dagegen ereilte dem bis dato nicht qualifizierten Andreas Sander dort ein Sturz beim Einfahren. Der Ennepetaler brach sich den Zeigefinger an der rechten Hand und erlitt einen Haarriss am Handgelenk, musste damit seine Starts für dieses Wochenende absagen. Die letzte Chance zur WM-Empfehlung war dahin. Aufgrund seiner Verletzung werde ein WM-Start für Sander leider nicht mehr infrage kommen, sagte Waibel.
Mit seinen Ski auf der Schulter stapfte der deutsche Herren-Chefcoach durch den Schnee zur Besprechung. „Keine Aussage“ mochte er zu den WM-Aussichten treffen. Zwar warb Keppler bislang mit der halben Norm für eine Nominierung, aber nach den Enttäuschungen der Mannschaft in Wengen sollte auch von ihm tunlichst noch ein gutes Ergebnis her. „Ich bin 1,7 Sekunden hinten, aber ein bisschen was habe ich noch drin“, betonte Keppler nach dem Abschlusstraining und dem „Runtergeeiere“ der Vortage. Nach Sprunggelenksproblemen fühlte sich der 29-Jährige „ziemlich schmerzfrei. Das hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr.“
Während Keppler über seine Aussichten bei den Speedwettbewerben der mit insgesamt 564 000 Euro dotierten Hahnenkammrennen plauderte und sich alles zwischen Top-10 und Platz 40 zutraut, wurde Sander untersucht. Der früher Junioren-Weltmeister blieb zwar in diesem Winter hinter den Erwartungen und kam noch nicht in WM-Form, aber die weitere Verletzung trifft das immer wieder arg gebeutelte Team trotzdem hart. „Wir sorgen eben mit Verletzungen für Schlagzeilen“, haderte Keppler. Neureuther, der immerhin schon einen Super-G in Kitzbühel fuhr (2006), gab der beste deutsche Speedfahrer aber noch einen Ratschlag für dessen ambitionierte Vorhaben mit auf den Weg.
„Dem Felix traue ich es auf jeden Fall zu, auch wenn eine Abfahrt eine andere Hausnummer als ein Super-G ist“, sagte Keppler, „aber das soll er lieber gegen Karriereende machen und vorher noch ordentlich Siege im Slalom holen.“