Auch ohne Abfahrtsanzug: Neureuther Sensations-2.
Bansko (dpa) - Zweiter Platz, 1/100 Sekunden Rückstand - beim Blick auf die Anzeigetafel fasste sich Felix Neureuther ungläubig auf den Helm und ballte die Faust.
Sechs Tage nach dem bitterem Slalom-Aus bei der Heim-WM hat sich der 26 Jahre alte Partenkirchener in der Super-Kombination in Bansko sensationell zurückgemeldet. Nur ein Wimpernschlag fehlte nach Torlauf und Super-G auf den Italiener Christof Innerhofer zum dritten Weltcup-Sieg, seinen neunten Podestplatz feierte er aber dennoch „wie einen Sieg“. „Ich konnte heute endlich nach fünf Jahren wieder mit Freude befreit auffahren“, begründete Neureuther die Überraschung.
Wie unverhofft der Erfolg für ihn selbst war, zeigen die Reisevorbereitungen auf das Rennen in Bulgarien. „Ich hatte noch nicht mal den Abfahrtsanzug dabei und bin im Riesenslalomanzug gefahren“, erzählte Neureuther, der tags zuvor erstmals seit anderthalb Jahren wieder auf den langen Speedbrettern gestanden hatte und sich eigentlich nur für den Slalom einfahren wollte.
Nun wurde er der erste Deutsche auf einem Kombi-Podest seit Markus Wasmeier 1990 und der erste Deutsche überhaupt auf dem Stockerl der erst wenige Jahre alten Super-Kombination. Denn das Thema Kombi, das er in der Olympia-Saison noch verfolgt hatte, hatte der zweimalige Weltcup-Sieger eigentlich ad acta gelegt und wollte sich nur noch auf die technischen Disziplinen konzentrieren. In seiner sechsten Weltcup-Kombination wurde er nun mit seinem ersten Podium in dieser Disziplin belohnt. Bislang war Rang 22 der Bestwert.
Vergessen ist die einmalige Chance, vor eigener Haustür Edelmetall zu gewinnen, für Neureuther aber nicht. „Ganz verarbeitet habe ich es immer noch nicht, es nagt immer noch“, meinte er. Ein „anderer Felix“ ohne „Beine aus Stahl“ sei nach der Ernüchterung von der WM in Garmisch-Partenkirchen nun am Start, hatte er vor dem Endspurt im Weltcup angekündigt. Und ohne den Druck des Heimrennens schob er sich bereits im Slalom hinter Weltmeister Jean-Baptiste Grange auf Rang zwei. Der Franzose schied im abschließenden Super-G aus, so dass sich Neureuther nur dem dreifachen WM-Medaillengewinner Innerhofer geschlagen geben musste. Wegen des Wetters war das Kombinations-Programm in Bansko umgedreht worden.
Mit seinem fünften Platz untermauerte Ivica Kostelic trotz eines Teilabrisses des Kniekehlenmuskels seine Ambitionen auf den Sieg im Gesamtweltcup. Dank der Absagen seiner Verfolger Didier Cuche und Silvan Zurbriggen aus der Schweiz sowie des Norwegers Aksel Lund Svindal ist dem 31-Jährigen die große Kristallkugel bei mehr als 550 Punkten Vorsprung kaum noch zu nehmen. Die Disziplinwertung gewann Kostelic vor Innerhofer und dem Norweger Kjetil Jansrud.