Hahnenkamm-Jubiläum: Neureuthers wichtigstes Rennen

Kitzbühel (dpa) - Dem Zweikampf um die Slalom-Krone zwischen Felix Neureuther und Marcel Hirscher schenken die Österreicher vor den 75. Hahnenkammrennen noch kaum Aufmerksamkeit.

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Ein Rekord-Preisgeld, der wiedereingeführte Zielsprung auf der Streif und die Sorge vor einer Revanche der Schweiz beherrschen die Berichterstattung vor dem Jubiläumswochenende in Kitzbühel. Spätestens nach der Siegerehrung am Samstagabend rückt aber der abschließende Torlauf am Sonntag in den Mittelpunkt. „Für unsere Techniker stehen mit Kitzbühel, Schladming und dem WM-Slalom die wichtigsten drei Slalomrennen der Saison an“, betonte Herren-Bundestrainer Mathias Berthold vor den Auftakt-Rennen.

Abfahrer Tobias Stechert kann in der WM-Generalprobe nicht mehr an den Start gehen und verpasst auch den Saisonhöhepunkt in den USA. Das Abschlusstraining musste er abbrechen, die Untersuchung in München ergab: Knorpelknochenabsprengung am Schienbeinkopf des rechten Knies, mehrere Wochen Pause. „Das Knie hat extrem geschmerzt“, sagte Berthold schon vor Bekanntgabe der genauen Diagnose durch den Deutschen Skiverband.

Im Super-G und der Kombination geht es am Freitag um umgerechnet 103 000 Euro für die Sieger. Insgesamt sind die Wettkämpfe in Tirol mit 626 200 Euro dotiert - Rekord. Allein 75 000 Euro erhalten die Gewinner im Slalom und der Abfahrt. 5000 Euro mehr als Neureuther für seinen Sieg im vergangenen Jahr bekommen hat. Der Schnellste von 2010 und 2014 reist mit dem Wengen-Sieg im Gepäck nach Kitzbühel und zählt eine Woche vor der WM-Eröffnungsfeier zu den großen Favoriten. „Ich bin hoch motiviert, auch heuer wieder ein gutes Rennen zu fahren und freue mich sehr auf den Klassiker“, sagte der WM-Zweite. „Mit dem Ganslernhang in Kitzbühel verbinde ich viele positive Erinnerungen - besonders gern denke ich natürlich ans letzte Jahr.“

Sein Sieg im Schneegestöber bescherte ihm zudem eine Rolle in der Kino-Dokumentation „Streif - One Hell of a Ride“. Ein eigener Film, erstmals Live-Übertragungen in die USA, wo Fans von 5.30 Uhr an das Geschehen in Österreich verfolgen können, dazu das höchste Preisgeld der Weltcup-Saison - das Spektakel mit hoher Promi-Dichte scheint immer noch größer zu werden. Sehr zur Freude des US-Amerikaners Travis Ganong: „Nirgendwo hat man als Skirennfahrer so viel Spaß wie hier. Das ist größer als WM oder Olympia.“ Selbst die seit 1999 gültige Rekordzahl von 100 000 Zuschauern am ganzen Wochenende ist 2015 wohl erreichbar.

Ein Anziehungspunkt: Das Jubiläum. Ein anderer: Das erwartete Duell Österreich gegen die Schweiz. „Ein Schweizer Sieg auf der Streif, das würde den Österreichern richtig wehtun“, sagte Beat Feuz. Der Schweizer weiß, wovon er spricht. Vergangenen Sonntag in Wengen lieferten die Eidgenossen vor heimischem Publikum eine sensationelle Mannschaftsleistung ab, sieben Fahrer schafften es in die Top Zwölf, drei in die Top Vier - aber Hannes Reichelt aus Österreich gewann. „Die Flagge in der Mitte schmerzte schon ein bisschen“, gestand der zweitplatzierte Feuz nach der Siegerehrung im Berner Oberland.

Reichelt ist sich bewusst, dass die Schweizer nun auf Revanche aus sind. „Hoffentlich versohlen sie uns nicht bei uns daheim in Kitzbühel den Hintern und schmeißen uns vom Stockerl runter“, sagte der Streif-Titelverteidiger. Im ersten Training war Reichelt am Dienstag Zweitschnellster hinter Kjetil Jansrud. Der Norweger, Führender der Abfahrts-Wertung im Weltcup, war auch im Abschlusstraining am Donnerstag nicht zu schlagen und ist einer, der den Zweikampf der Ski-Nationen Österreich und Schweiz in den Schatten stellen könnte. „Natürlich bin ich heuer erstmals in der Position, hier auch gewinnen zu können“, sagte er.

Nach Stecherts Aus ist Josef Ferstl der Deutsche mit den größten Chancen auf eine gute Streif-Platzierung. Nach Rang neun war er im Training am Donnerstag allerdings knapp zwei Sekunden länger unterwegs als Jansrud und kam auf Rang 23.

Berthold hofft für Super-G und Abfahrt auf eine Fortsetzung der zuletzt besser werdenden Resultate. Für den Österreicher, der vor seiner Rückkehr zum Deutschen Skiverband vier Jahre lang die Herren seines Heimatlandes verantwortete, ist Kitzbühel nichts besonderes: „Der Stellenwert ist überall gleich, egal ob 50 000 oder 500 Zuschauer. Es gibt in jedem Rennen 100 Punkte. Man muss das pragmatisch sehen.“ Ob das seine Fahrer auch können, Mausefalle, Steilhang und Zielsprung vor sich? „Etwas mehr Herzklopfen am Start werden sie schon haben.“