Nach MRT-Check Kreuzbandriss und Olympia-Aus bei Skirennfahrer Luitz

Alta Badia (dpa) - Stefan Luitz saß in einem Zelt im Zielbereich der Gran-Risa-Piste, stütze den Kopf in die Hände, wischte sich ein paar Tränen aus den Augen und wurde von seiner Freundin getröstet.

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Womöglich ahnte der 25-Jährige da bereits, dass er wie sein Kumpel Felix Neureuther die Olympischen Winterspiele verpassen würde. Eine Untersuchung in Innsbruck brachte wenige Stunden später die Gewissheit: Kreuzbandriss im linken Knie. Der Olympia-Winter ist für die zweite deutsche Medaillenhoffnung damit vorbei - und der Deutsche Skiverband muss den nächsten herben Rückschlag verkraften.

„Das frustet uns schon extrem. Da fehlen dir mit der Zeit die Worte. Jedes Mal, wenn wir uns anstrengen, kriegen wir wieder einen drauf. Da fragt man sich schon, was tut man da eigentlich“, sagte Alpindirektor Wolfgang Maier nach der bitteren Nachricht. „Das trifft uns schon extrem. Felix war schon eine harte Nummer und jetzt das.“

Sportlich war der Riesenslalom von Alta Badia aus deutscher Sicht schon nach neun Sekunden unwichtig geworden. Der haushohe Sieg von Marcel Hirscher, das schlechteste Abschneiden seit Oktober 2012 - Alexander Schmid auf Rang 26 war am Sonntag der beste Deutsche - alles egal. Luitz war mit Nummer eins auf die Gran-Risa-Piste gegangen, musste seine Fahrt aber nach nur vier Toren und ohne Sturz abbrechen. Die Befürchtung einer schweren Verletzung war sofort da.

Nach Angaben von Maier hatte Luitz das Gefühl gehabt, dass ihm das Knie „seitlich aufgeklappt“ sei und er dann keinen Halt mehr verspürte. Der Rennfahrer vom SC Bolsterlang habe gesagt, es fühle sich nicht wie ein Kreuzbandriss an - diese Verletzung hatte er sich Anfang 2013 im anderen Knie zugezogen. Der Eindruck täuschte aber. Luitz wurde noch am Abend in Innsbruck operiert.

Luitz war im Zielbereich vom Teamarzt Österreichs, Christian Hoser, und dem Physiotherapeuten des Deutschen Skiverbands, Oliver Saringer, untersucht worden. Auch der deutsche Technik-Trainer Albert Doppelhofer, Luitz' Vater und Servicemann Ludwig Luitz sowie Maier waren bei der Untersuchung in dem Zelt. In Gesprächen mit Athleten und Betreuern machten Luitz und sein Vater Gesten mit den Fäusten, die auf einen starken Schlag hindeuteten.

Vor dem Eintreffen des Arztes hatte Luitz lange Zeit dagesessen und sich mit seiner Freundin unterhalten. Er lachte dabei immer wieder. Nach der ersten Untersuchung war niemand mehr zum Lachen aufgelegt.

Luitz war seit dem Kreuzbandriss von Neureuther der stärkste deutsche Skirennfahrer im Riesenslalom und hatte sich mit einem guten Auftakt in den Olympia-Winter den Status eines Medaillenfavoriten für die Spiele in Südkorea erarbeitet. In den beiden ersten Weltcups dieser Disziplin war er als Dritter in Beaver Creek und Zweiter von Val d'Isère jeweils zu einem Podestplatz gefahren.

Das deutsche Team beklagt in der Saison bereits den Ausfall von Neureuther, der sich im November das Kreuzband riss und nach einer Operation Olympia verpassen wird. In den technischen Disziplinen Slalom und Riesenslalom hat der Deutsche Skiverband für die Spiele in Südkorea nach derzeitigem Stand nun keinen Medaillenkandidaten mehr.

Fritz Dopfer ist nach überstandenem Schien- und Wadenbeinbruch im Slalom zwar schon wieder gut genug für Top-10-Plätze, von seiner Leistungsfähigkeit wie noch zu Zeiten von WM-Silber 2015 aber weit entfernt. Im Riesenslalom ist Dopfer derzeit wegen der Schmerzen im Bein nicht konkurrenzfähig, in Alta Badia verpasste er das Finale. „Letztes Jahr hatten wir drei in der ersten Gruppe, jetzt keinen mehr“, sagte Maier zur bitteren Zwischenbilanz kurz vor Weihnachten.

Von den gesunden deutschen Fahrern ist der erst 23 Jahre alte Schmid nun der formstärkste. Aber auch der Allgäuer war nach dem zweiten Top-30-Rang seiner Karriere in Gedanken bei Luitz: „Tragisch. Ich habe Gänsehaut gekriegt, weil man gleich vom schlimmsten ausgeht.“ Damit behielt er recht - und steht plötzlich in der ersten Reihe.