Neureuther: „Papa, ich bin den Gudiberg gefahren“

Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Seit fünf Jahren fiebert Felix Neureuther der Heim-WM in Garmisch-Partenkirchen entgegen. Beim Viertelfinal-Aus mit dem Team hat der 26-Jährige bereits WM-Luft geschnuppert.

Zwei Tage vor seinem großen „Showdown“ Slalom erhofft er eine Platzierung unter den ersten 15 im Riesentorlauf.

Im Interview der Nachrichtenagentur dpa spricht der zweimalige Weltcup-Sieger über seine neue Lockerheit, den Heimvorteil und das Liftduell mit seinem Vater.

Am Tag nach dem Sieg beim Weltcup-Finale in Garmisch sah man Sie mit einem Irokesen-Schnitt. Mit welcher Frisur möchten Sie nach dem WM-Slalom aufwachen?

Felix Neureuther: „Ich weiß nicht, ob wir nochmal so etwas machen. (lacht). Damals hat ein Kumpel am Tag vor dem Rennen zu mir gesagt: 'Wenn du morgen gewinnst, müssen wir was machen.' Ich dachte, naja, gewinnen ist so eine Sache, das weißt du nie, und hab gesagt: 'Passt, machen wir'. Und so ist die Sache entstanden, das war ziemlich spontan. Geplant habe ich zumindest noch nichts.“

Sie haben vor diesem Winter gesagt, dass Ihnen dieser Sieg und der Erfolg von Kitzbühel eine neue Lockerheit gegeben haben. Hat Sie dieses Gefühl auch durch die Saison getragen?

Neureuther: „Definitiv. Wenn es mal nicht so klappt, dann macht man sich nicht so einen Kopf, sondern sieht das alles etwas gelassener. Das war ziemlich wichtig, weil ich die letzten Jahre, wenn es mal bei einem Trainingstag nicht gelaufen ist, das oft in mich reingefressen habe und so sauer war. Ich hab immer gedacht: 'Das kann doch nicht sein, und das muss besser werden.' Und jetzt zieht man halt trotzdem sein Programm durch und denkt sich nach dem Training: 'Ja passt, morgen ist ein neuer Tag.' Ich bin gelassener geworden.“

Was ist Ihre erste Erinnerung an den Gudiberg?

Neureuther: „Ich bin schon mit drei Jahren das erste Mal den Gudiberg runtergefahren. Seit diesem Jahr gibt es den Sessellift, früher gab es den kleinen Pendellift. Bei uns Kindern im Skiclub war es schon etwas Besonderes, wenn man es überhaupt mit dem Lift rauf schafft, dass man nicht rausgeflogen und dann auch runtergekommen ist. Als kleiner Junge war das etwas ganz Besonderes. Da bin ich nach Hause gekommen und hab gesagt: 'Boah Papa, ich bin den Gudiberg runtergefahren.'“

Wie kann man sich einen Heimvorteil beim Skifahren vorstellen?

Neureuther: „Den gibt es schon, weil ich von diesem Berg alles kenne, jeden Zentimeter. Ich bin den Gudiberg so oft runtergefahren, habe so oft darauf trainiert. Egal wie das Wetter ist, wie die äußeren Umstände sind - ich weiß, was auf mich zukommt. Das ist einfach ein sehr großer Vorteil. Und auch die Zuschauer, wenn die einen da runterpushen, das gibt noch extra Motivation.“

Wie versuchen Sie zu verhindern, das dieses Pushen in zu großen Druck umschlägt?

Neureuther: „Ich versuche einfach, mit einer gewissen Lockerheit an das Ganze ranzugehen. Ich bin schon Zweiter geworden bei meinem ersten Weltcup-Rennen hier und habe schon mal gewonnen. Von daher hatte ich genug Generalproben, wie ich mich darauf einstellen kann. Natürlich ist der Druck immens, da brauchen wir nicht drüber reden.“

Seit wann fiebern Sie auf diese WM hin?

Neureuther: „Fünf Jahre lang, seit der Bekanntgabe.“

Und wie geht man damit um, dass in zweimal 50 Sekunden oder einer Minute Laufzeit fünf Jahre Vorbereitung stecken?

Neureuther: „Über sowas macht man sich eigentlich gar keine Gedanken. Aber wenn man es sich überlegt, ist es echt krass. Es kann so schnell vorbei sein, es ist wirklich speziell im Slalom. Über sowas macht man sich recht wenig Gedanken, was alles passieren kann. Man geht immer vom Positiven aus.“

Zweimal ging die WM bislang für Sie beinahe positiv aus, aber es fehlte jeweils ein kleines Stück...

Neureuther: „2007 war ich Zweiter nach dem ersten Lauf und bin dann mit Zwischenbestzeit kurz vor dem Ziel ausgeschieden. Und dann Val d'Isère 2009 hatte ich wieder mal einen schlechten und ein guten Lauf und bin Vierter geworden. Deshalb denke ich, dass ich jetzt bereit sein könnte.“

Einmal Weltmeister sind Sie schon...

Neureuther: „Ja, Teamweltmeister.“

Ist das ein vollwertiger Weltmeistertitel für Sie?

Neureuther: „Eine Einzelmedaille ist schon was Größeres, auf alle Fälle. Damals war es aber schon sehr überraschend und echt ein schöner Moment. Bis dahin hatten wir noch keine Medaille und es war das erste Mal, dass so ein Teamwettbewerb durchgeführt wurde. Von uns hat jeder seine Topleistung abrufen können, ich habe den Slalom gewonnen und die anderen haben auch ihren Beitrag dazugegeben. Ich könnte eigentlich schon so ein Typ für Großereignisse sein, es blitzt immer so raus, aber ich hab es leider noch nie umsetzen können.“

Haben Sie mit Ihrem Vater Christian über seine WM in Garmisch gesprochen?

Neureuther: „Nein, noch nicht. Das ist relativ lange her. Natürlich tauscht man sich aus, wie es war, aber jetzt nicht speziell über die WM, wie es 1978 war.

Hat sich Ihr Vater noch nicht über die Aufteilung der Namen der Sessellifte am Gudiberg beschwert?

Neureuther: „Das war beiden ganz wichtig. (lacht) Aber nur aus Spaß. In Kitzbühel fährt seine Gondel vor meiner. Und in Garmisch hab ich die Nummer eins, und er die Nummer zwei.“