Rebensburg-Party mit Rockmusik und Blitzlichtgewitter
Vail (dpa) - Vor einem Meer schwarz-rot-goldener Fähnchen lief Viktoria Rebensburg zu den Klängen der Toten Hosen ins Deutsche Haus ein. Ausgelassen mit Champagner und fetziger Rockmusik feierte die ganze Alpin-Familie die erste WM-Medaille der Titelkämpfe in Colorado.
Auch der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zeigte sich erleichtert und beglückt über die Silberplakette im Riesenslalom. „Da fällt ein großer Stein vom Herzen. Schön, dass der Knoten geplatzt ist und das Team damit einen verdienten Lohn für die harte Arbeit erfahren hat“, sagte Alfons Hörmann.
Die ausgelassene Party im US-Nobelskiort Vail endete erst gegen ein Uhr nachts. Die zum deutschen Haus umfunktionierte „Bully Ranch“ war bis auf den letzten Platz gefüllt, Rebensburg wagte sich sogar aufs Tanzparkett. Glücklich hielt Rebensburg ihre Medaille in jede Kamera, herzte Freunde, Teamkollegen und die eigenen Eltern, die schon bei der ersten kleinen Ehrung im Zielraum nach einem unvergesslichen Rennen reichlich Erinnerungsbilder geschossen hatten.
Als die 25-Jährige bei der Flower Ceremony neben Weltmeisterin Anna Fenninger aus Österreich und der drittplatzierten Schwedin Jessica Lindell-Vikarby geehrt wurde, hielt sogar Hörmann mit seinem Smartphone drauf. „Es war herausragend“, kommentierte Rebensburg den emotionalen Höhepunkt des Tages, die Medaillenzeremonie vor Hunderten Zuschauern im US-Nobelskiort Vail.
Fünf Weltmeisterschaften musste die Vancouver-Olympiasiegerin auf ihre erste Medaille warten - und auch in Amerika waren ihre Ziele dem Scheitern nahe. Abfahrt, Super-G, Team-Event - in keinem der Wettbewerbe klappte es mit dem ersehnten Podestplatz. Erst ihre letzte Gelegenheit im Riesenslalom nutzte die Kreutherin. „Die Energieleistung, die sie gebracht hat, das ist fast unbeschreiblich. Das hätte ich ihr nie zugetraut, dass sie so extrem aus sich herausgeht und so eine starke Fahrt zeigt“, gestand der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier, der sich nach eigenen Worten „wie ein kleiner Schneekönig“ über Rebensburgs Leistungsexplosion freute.
Mit Bestzeit im zweiten Durchgang schob sie sich von Rang elf noch aufs Podest. „Bei der WM zählen nur Medaillen. Deswegen hatte ich das Messer zwischen den Zähnen“, erklärte Rebensburg. Dabei hatte sie im WM-Winter in den Speeddisziplinen weitaus mehr überzeugt als im Riesenslalom, der jahrelang ihre Paradedisziplin gewesen war. Seit dem Ausrüsterwechsel im Sommer war Rebensburg auf einmal schnell in der Abfahrt, doch mit den Riesentorlauf-Skiern kam sie lange nicht so gut klar wie mit dem Modell der Vorgängerfirma.
Also steckte die Bayerin immens viel Zeit in Materialtests - und ging in ihrem letzten Rennen in den Rocky Mountains volles Risiko. „Ich bin ein komplett neues Setup gefahren“, erklärte Rebensburg nach dem WM-Riesenslalom und relativierte ihren ersten Lauf, der zu langsam war für die Weltelite: „Ich habe nicht gewusst, wo das Limit ist. Das habe ich im zweiten schon besser einschätzen können. Jetzt sind wir wieder da, wo wir sein wollen. Das ist mit das Schönste heute.“
Bundestrainer Markus Anwander bestätigte, dass Rebensburg im ersten Durchgang „nicht das hundertprozentige Vertrauen“ in den Ski gehabt habe. Ergebnis: 0,8 Sekunden Rückstand aufs Podest. Unaufholbar? Keineswegs. „Sie hat zu mir gesagt: Du wirst sehen, ich kann mich noch steigern“, berichtete Maier später. „Dann habe ich gesagt: Okay, ich reserviere mal Bronze für dich unten.“ Es wurde sogar Silber.
So groß wie die Zugspitze sei der Stein, der ihm vom Herzen gefallen sei, bekannte Damen-Chef Anwander. Nach dem letzten Frauen-Wettbewerb mit realistischen deutschen Medaillenchancen zog er ein versöhnliches Fazit: „Die Fahne hat sich jetzt ein bisschen gedreht, nachdem wir ja wirklich viel haben einstecken müssen im Team-Bewerb, wirklich alles Pech, was man haben kann, auf einmal zusammengekommen ist.“ Auch Maier wirkte gelöst. „Ich habe schon Angst gehabt vor unserem Déjà vu“, sagte er mit Blick auf die medaillenlose Ski-WM 1999, die damals ebenfalls in den USA ausgetragen wurde. Er habe großen Respekt gehabt, „die Nächte waren immer kurz“, gestand er.
Für Rebensburg war es der erste große Erfolg, seit sie das Gesicht des alpinen Damensports in Deutschland ist. „Nachdem Maria Höfl-Riesch nicht mehr dabei ist, war klar, dass alle Augen erst mal auf Vicky gerichtet sind. Das ist eine neue Rolle, eine neue Verantwortung“, kommentierte DOSB-Chef Hörmann. „Dass sie der jetzt hier unter diesem Druck gerecht wird, zeigt, dass sie einfach eine tolle Sportlerin ist“, urteilte der frühere Skiverbands-Präsident.