Neureuther-Kritik nach Fiasko für DSV-Team
Vail (dpa) - Felix Neureuthers öffentliche Trainerkritik, dazu Veronique Hroneks erneuter Kreuzbandriss - der Ruhetag bot Zeit zur Aufarbeitung im Lager der deutschen Skirennfahrer. Besser wurde die Situation nach dem enttäuschenden Erstrunden-Aus gegen Kanada dadurch allerdings nicht.
„Das war nicht unser Glückstag“, sagte Wolfgang Maier der Deutschen Presse-Agentur. Neureuthers Unverständnis über die Personalauswahl gegen die späteren Silbermedaillengewinner wollte der Alpindirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV) am liebsten gar nicht mehr thematisieren.
„Ein Team-Wettbewerb wird im Team gefahren. Die Aufstellungen werden nach bestem Wissen und Gewissen gemacht“, sagte er. „Ich will auch keine der Mädels kritisieren. Wer weiß, wo wir die fünf Hundertstelsekunden verloren haben.“ Die Kanadierin Erin Mielzynski sei am Dienstag zudem „die mit Abstand beste Frau“ des Rennens gewesen, betonte Maier. Und Hronek sei bis zu ihrer Verletzung auf gleicher Höhe gewesen. „Wir sind ja nicht sang- und klanglos untergegangen. Das waren spannende Duelle, das war sehr knapp.“
Bereits vor 14 Monaten hatte die 23-Jährige nach einem Sturz beim Weltcup in Val d'Isère einen Innen- und Kreuzbandriss im linken Knie erlitten - jetzt steht die Speedfahrerin schon wieder vor einer langen Zwangspause. „Das hat schon eine gewisse Dramatik“, sagte Maier wenige Stunden vor Hroneks Abflug gen Deutschland. „Das nervt mich bis ins Knochenmark rein, wenn Verletzungen die Athleten so ewig weit zurückschmeißen.“ Kommende Woche soll sie operiert werden. Eine Rückkehr auf Schnee vor September sei unrealistisch, sagte Maier.
Ihre Personalie hatte schon zuvor für Gesprächsstoff gesorgt. Neureuther führte das schnelle Ende aller Medaillenhoffnungen nicht zuletzt auf die Entscheidung zurück, auf eine Aufstellung von Slalomspezialistin Lena Dürr zu verzichten, und stattdessen auf Viktoria Rebensburg und eben Hronek zu setzen. Damen-Bundestrainer Markus Anwander konterte Neureuthers Kritik, indem er an Zuständigkeiten und Kompetenzen erinnerte. Sowieso habe Hronek „einfach den besseren Eindruck hinterlassen in der letzten Zeit“, betonte der Trainer. „Es hat sich ja auch bewahrheitet, dass sie das im Griff hat - bis zu dem Zeitpunkt, wo sie ausgeschieden ist.“
Neureuther sah das anders. „Wenn man eine Lena Dürr am Start hat, die Moskau gewonnen hat und die eine Slalom-Fahrerin ist, dann kann man nicht ganz nachvollziehen, dass...“, sagte der 30-Jährige in Vail leicht angesäuert, ohne seinen Satz zu beenden. Schon beim Einfahren sei Dürr, die zwar im Sechser-Kader für das Team-Event stand, aber im verlorenen Auftaktduell mit Kanada nicht eingesetzt wurde, „gut“ drauf gewesen. Die 23-Jährige hatte ihren einzigen Weltcup-Sieg vor knapp zwei Jahren beim Parallel-Slalom in der russischen Hauptstadt geholt, war diese Saison aber auf internationalem Spitzenniveau deutlich hinterhergefahren. Erst eine teaminterne Ausscheidung kurz vor der WM hatte ihr überhaupt das Nordamerika-Ticket gesichert. Ihren einzigen Auftritt dürfte sie jetzt am Samstag im Slalom haben.
Anstelle von Dürr schickte die Sportliche Leitung neben Neureuther und Youngster Linus Strasser in Rebensburg und Hronek zwei Fahrerinnen auf den technisch anspruchsvollen Kurs, die beide im Weltcup keinen Slalom fahren oder lange nicht mehr gefahren sind. Ihre jeweils besten Leistungen hatten sie zudem in Abfahrt und Super-G gezeigt. Zumindest in Rebensburgs Fall war die Nominierung sicher nicht ganz unberechtigt, schließlich zählt die 25-Jährige trotz einer für ihre Verhältnisse schwachen Saison im Riesenslalom noch immer zur Weltspitze.
Das Erstrundenduell mit den Kanadiern, die später im Finale gegen Österreich unterlegen waren, ging dennoch prompt verloren - was Neureuther mit anderem Personal für vermeidbar gehalten hätte. „Kann sein, dass der Felix da nicht glücklich drüber ist. Aber die Trainer stellen auf, das war unsere Entscheidung“, machte Anwander klar.
Zumindest konnte Technik-Ass Neureuther mit seiner eigenen Leistung beim ersten WM-Start dieser Titelkämpfe zufrieden sein. Der Gold-Anwärter für den Torlauf am Sonntag präsentierte sich in gewohnt starker Form und legte im Team-Wettbewerb die zweitbeste Einzelzeit aller Läufer hin. „Ich denke, dass das Fahren echt richtig gut gepasst hat“, sagte der Partenkirchner, ehe er fix seine weiteren Medaillenchancen Ende der Woche ins Visier nahm. „Ich fühle mich gut, das habe ich auch gezeigt“, sagte Neureuther, der das Gefühl mitnehmen will, „dass man heute sehr schnell war“.