Reichelt ohne Druck in WM-Abfahrt
Beaver Creek (dpa) - Österreichs Ski-Star Marcel Hirscher peilt am Sonntag in der Kombination eine WM-Plakette an, Teamkollege Hannes Reichelt will mit seiner ersten Goldmedaille im Gepäck schon tags zuvor in der Abfahrt erneut zuschlagen.
„Ich war einer der Favoriten. Der Druck von außen war groß - aber mein eigener Druck war noch größer“, sagte der älteste Alpin-Weltmeister der Geschichte nach seinem Sieg im Super-G. Am Samstag (19.00 Uhr) geht es in der Schussfahrt um den prestigeträchtigsten Titel - und der 34-Jährige profitiert schon vor dem Start vom ersten WM-Gold seiner Karriere: „Der größte Druck ist jetzt weg.“
Die deutschen Starter Andreas Sander (23.), Josef Ferstl (25.) und Klaus Brandner (28.) verfehlten das gesteckte Ziel eines Top-15-Resultats am Donnerstag zwar deutlich, sollen in der Abfahrt aber von den Erfahrungen aus dem Super-G profitieren. „Ganz cool waren sie nicht“, berichtete Alpinchef Wolfgang Maier vom ersten WM-Start seines Trios. „Jetzt ist man drin und schon mal gefahren und sieht, dass es nichts anderes ist, wie andere Skirennen auch. Deshalb gehe ich davon aus, dass man das jetzt auf jeden Fall ein bisschen besser machen kann.“
Womöglich werden zumindest Sander und Ferstl am Sonntag noch einen dritten Auftritt bekommen. Ob die beiden in der Alpinen Kombination antreten, wird laut Herren-Cheftrainer Mathias Berthold aber erst noch entschieden. Lediglich einen Start von Brandner schloss der Coach bereits aus. Österreichs Technikspezialist Marcel Hirscher dagegen ist bei Rot-Weiß-Rot fest eingeplant und zählt dank seiner herausragenden Stärke im Slalom zu den Anwärtern auf eine Medaille.
Mit den langen Abfahrtsski fremdelt der viermalige Gesamtweltcupsieger zwar noch, aber Fehler sind auf der steilen und schnellen Raubvogel-Piste nicht mal zwingend schlimm. „Das Schöne an dieser Strecke ist: Du musst nicht perfekt sein“, sagte Reichelt, der mit 34 Jahren und 215 Tagen nun älteste Gold-Gewinner der WM-Geschichte. Zwei Tage zuvor gewann Anna Fenninger ebenfalls Gold im Super-G, im Medaillenspiegel liegt Österreich klar vor dem Gastgeber. „Die USA haben uns in Schladming die Show gestohlen. Das wollen wir ihnen jetzt hier heimzahlen“, verkündete Reichelt mit Blick auf die WM 2013.
Auf einen ihrer größten Stars müssen die Vereinigten Staaten im Rennen um Platz eins der Nationenwertung zudem verzichten. Bode Miller, bis dahin mit Kurs auf die Bestzeit, verfing sich im Super-G an einem Tor, stürzte vor den Augen seines Trainers und verletzte sich am rechten Bein. Er wurde bereits operiert, die Heim-WM ist für den 37-Jährigen gelaufen.
Dabei war Aksel Lund Svindal noch zuversichtlich, als er von Millers Verletzung erfuhr. „Mit Fleischwunden können wir umgehen. Gerissene Bänder und gebrochene Knochen mögen wir nicht so sehr“, sagte der Norweger nach seinem ersten Wettkampf der Saison. Vor dreieinhalb Monaten riss sich der fünfmalige Weltmeister die Achillessehne, als Sechster mit nur 0,13 Sekunden Rückstand auf Bronzemedaillengewinner Adrien Theaux aus Frankreich demonstrierte Svindal im Super-G sein Leistungsvermögen. „Das war eine Wahnsinnsfahrt, das kann er in der Abfahrt auch zeigen“, betonte Olympiasieger Matthias Mayer. Der Österreicher wurde wie Svindals Landsmann Kjetil Jansrud zeitgleich Vierter.
Jansrud, wegen seiner starken Leistungen aus dem Weltcup großer Favorit für die Speed-Rennen, droht sogar komplett leer auszugehen. Der Schnellste des ersten Abfahrtstrainings musste mit starken Schmerzen in der Schulter ins Krankenhaus, soll aber starten können.