Svindal Abfahrts-Weltmeister - Österreich ohne Medaille
Schladming (dpa) - Nach seinem Husarenritt über die Planai hatte Abfahrts-Weltmeister Aksel Lund Svindal keine Zweifel. Direkt nach der Fahrt stellte er sich mit einer Triumphpose mitten in den Zielraum.
„Ich habe gewusst, besser konnte ich es nicht machen“, sagte der Norweger nach seiner fünften Goldmedaille bei alpinen Ski-Weltmeisterschaften. „Ich habe bei schwierigen Bedingungen viel riskiert und keinen großen Fehler gemacht.“ Sein Fazit: „Es war kein perfekter Lauf, aber er war gut genug.“
Schon Silbermedaillengewinner Dominik Paris aus Italien („Ich bin mehr als zufrieden“) fehlte am Samstag vor den Augen von Hollywood-Star Kevin Costner in Schladming fast eine halbe Sekunde auf den 30-Jährigen. Und da David Poisson aus Frankreich 38 Hundertstelsekunden schneller war als Klaus Kröll, wartet Gastgeber Österreich weiter auf die erste Abfahrtsmedaille seit 2005. „Vierter will man hier nicht werden“, sagte der 32 Jahre alte Kröll enttäuscht.
Die großen Erwartungen von rot-weiß-rot blieben unerfüllt, im Medaillenspiegel steht weiter nur die Bronzemedaille von Nicole Hosp aus der Super-Kombination - der Druck auf Technik-Hoffnung Marcel Hirscher wird immer größer. Für den einzigen deutschen Starter, Stephan Keppler, endete das Rennen entlang teilweise extrem eisiger Passagen auf Rang 24 und mit einer Verletzung.
Von den Verhältnissen scheinbar unbeeindruckt raste Svindal mit über 110 Stundenkilometern in Richtung Goldmedaille - frenetisch angefeuert von seinem Vater unter den 30 000 Zuschauern im Zielstadion. „Das ist unglaublich, ich war so nervös, als er gefahren ist“, sagte Björn Svindal am ORF-Mikrofon. „Im Ziel war ich mental komplett fertig“, gestand sein Sohn nach seiner zweiten Medaille bei diesen Titelkämpfen, der achten WM-Plakette seiner Karriere.
Im Super-G hatte er Bronze gewonnen, wie seine amerikanische Freundin Julia Mancuso am Tag zuvor auch. „Der dritte Platz hat mich schon ein bisschen geärgert“, so Svindal. „Hier ins Ziel zu kommen mit Bestzeit, das erlebt man nur selten, das muss man ausnutzen.“
Svindal ist nun der erste Skirennfahrer, der bei vier Weltmeisterschaften in Serie mindestens eine Goldmedaille gewonnen hat. Weltmeisterkollege Ted Ligety gratulierte prompt via Twitter: „Ein harter Typ, Gentlemen und wieder Weltmeister. Gratuliere“, schrieb der Goldgewinner im Super-G.
So stark Svindal die große Herausforderung meisterte, so durchwachsen war der Auftritt von Keppler. Nach Rang 33 im ersten WM-Rennen der Herren zeigte er in der Abfahrt wie so oft in seiner Karriere seinen Hang zum Sturzpiloten. Vor der dritten Zwischenzeit erwischte der 30-Jährige eine Welle und rettete sich nur mit Mühe und einer artistischen Einlage vor einem Sturz. Sein Rückstand summierte sich in der Folge rasch auf.
Frustriert knallte er im Ziel seinen Skistock auf den Schnee und humpelte davon. „Ich weiß auch noch nicht, was ist, es ist irgendwas kaputt“, sagte Keppler über die Schmerzen im rechten Knie. Die Diagnose: Kreuzbandzerrung und Knorpelverletzung. Ein Start beim Weltcup in Garmisch-Partenkirchen (23./24. Februar) ist fraglich.
Schon im Training hatte er einen Sturz nur knapp verhindert. „Ich kann schon gar nicht mehr mitzählen wie oft mir so was passiert ist“, ärgerte sich Keppler. „Ich weiß nicht, ob das Abfangen so gut war. Jetzt ist halt das Knie dafür kaputt.“ Wie der letzte verbliebene Speedfahrer des deutschen Teams hatten auch zahlreiche Favoriten Probleme mit der Strecke. Erik Guay aus Kanada musste seine Hoffnungen auf die erfolgreiche Titelverteidigung deshalb schon vor dem Ziel begraben, auch Christof Innerhofer aus Italien konnte seine Maxime „volle Kanne oder nix“ nicht umsetzen.
Still wurde es im Zielraum, als Hannes Reichelt nach einem Sprung samt Beinahesturz das folgende Tor verpasste und alle Medaillenchancen verspielte. Zuvor waren bereits die österreichischen Starter Max Franz und Matthias Mayer an Edelmetall vorbei gefahren. Lokalmatador Kröll konnte die Stimmung nach einer holprigen Fahrt schließlich auch nicht mehr retten. „Ich musste riskieren und das ist heute nicht gegangen. Ich hab das unterschätzt. Ich hätte nur einen sauberen Lauf fahren sollen.“ 2003 hatte es zuletzt einen WM-Titel für Österreich in der Königsdisziplin gegeben.