Vom „Übertalent“ zur Saisonbesten: Top-Start für Gut

Beaver Creek (dpa) - Lara Gut ließ nach der aggressiven Siegesfahrt auch bei der anschließenden Ehrung keine Spur von Angst erkennen.

An der Seite eines Steinadlers posierte die Schweizer Skirennfahrerin mit der Siegesplakette um den Hals; beim Flügelschlag des imposanten Vogels lachte sie gar. Ein Jahr vor den Weltmeisterschaften in Beaver Creek freute sich die 22-Jährige über den Premieren-Erfolg auf der künftigen WM-Abfahrt. Einen Tag später war sie erneut eine Klasse besser als die Konkurrenz und legte am Samstag mit ihrem Sieg im Super-G noch einen drauf.

Maria Höfl-Riesch musste sich in der Abfahrt nach einer „Schrecksekunde“ im Mittelteil mit Platz sieben begnügen, tags darauf kam sie auf Rang acht. Zur Topform von Gut beim Start in die Sotschi-Saison fehlt der Doppel-Olympiasiegerin noch ein gutes Stück. Sieg Ende Oktober beim Riesenslalom in Sölden, Sieg bei der Abfahrt in Beaver Creek, Sieg beim Super-G in Beaver Creek - mit drei Erfolgen in den ersten vier Rennen ist Gut derzeit die Nummer 1 im alpinen Weltcup.

„Ich probiere jeden Tag einen Schritt vorwärts zu kommen. Das ist mir seit Sölden gelungen, aber das gleiche muss ich jetzt weitermachen bis März“, erklärte die dreimalige WM-Zweite, die beim Slalom in Levi nicht am Start gewesen war. Nach ein paar Aufs und Abs in der Karriere ist die Schweizerin nun absolute Weltspitze. „Jetzt ist sie da, wo man sie aufgrund ihres Talentes eingeschätzt hatte“, sagte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier über das vor Jahren als „sogenanntes Übertalent“ gehandelte Ski-Ass.

2009 gewann Lara Gut als 17-Jährige bei der Ski-WM überraschend zwei Silbermedaillen, wurde zur künftigen Gesamtweltcupsiegerin gehyped. Doch danach stockte die Karriere des Alpin-Teenies: Die Einzelgängerin wurde von einer schweren Hüftverletzung gebremst, die sie auch um den Olympia-Traum 2010 brachte. Später sorgte ein Streit mit dem eigenen Verband für Verwunderung. Regelbrüche und Kritik fügten der Beziehung Risse zu. Vor dem Gang zum Sportgerichtshof CAS gab es aber eine Einigung beider Seiten. Längst wird wieder erfolgreich zusammengearbeitet.

Nach der Verletzung habe sie „ein paar Dinge“ geändert, betonte Gut. Vor der vorletzten Saison vollzog sie etwa einen Materialwechsel. Die Weiterentwicklungen beim Ski scheinen zu passen. Dazu nahm sie vor dieser Saison überraschend Anpassungen am Trainerstab vor. Co-Trainer Luca Agazzi musste gehen. Alle Maßnahmen münden derzeit in Erfolg - und so wurde die 22-Jährige auch schon gefragt, ob sie sich eine Dominanz wie die von der slowenischen Vorjahresdauersiegerin Tina Maze vorstellen könne.

„So einfach ist das nicht. Was Tina letztes Jahr gemacht hat, war unglaublich“, betonte Gut und sieht sich nicht in der Rekordspur der Slowenin. „Tina ist Tina und ich bin ich. Ich bin 22 und habe erst zwei Rennen gewonnen, sie hat weiß ich nicht wie viele“, sagte sie noch vor ihrem dritten Sieg am Samstag. Elf Siege waren es von Maze vor einem Jahr, insgesamt 24 Podestplätze und 2414 Punkte in der Gesamtabrechnung.

Zum Start des Olympia-Winters fährt Maze noch lange nicht in der Super-Verfassung der Vorsaison. Dagegen ließ Höfl-Riesch, in Levi schon als Slalom-Zweite auf dem Podest, zumindest gute Abfahrtsform erkennen. „Ich war wirklich erleichtert, als ich unten abgeschwungen habe und dann noch mit einer einigermaßen passablen Zeit“, sagte die fast schon ausgeschiedene Kombinations-Weltmeisterin nach der Schussfahrt. Die Verfassung von Höfl-Riesch stimme „auf jeden Fall“, erklärte auch Maier. „Aber man möchte natürlich in jedem Rennen ganz vorne dabei sein.“ Die nächste Möglichkeit: Am Sonntag beim Riesenslalom.