Erster Karriereknick: Kein WM-Einsatz für Wellinger
Val di Fiemme (dpa) - Andreas Wellinger lächelt tapfer. Dabei ist dem Senkrechtstarter der deutschen Skispringer derzeit eher zum Heulen zumute.
Seit Wochen springt der 17 Jahre alte Bayer vergeblich seiner Form aus dem ersten Saisondrittel hinterher, als er sich mit zwei Weltcup-Podestplätzen in die Weltspitze katapultierte. Weil die Sprünge nicht mehr funktionieren, muss sich Wellinger bei seiner WM-Premiere mit der undankbaren Zuschauerrolle begnügen. „Ich wäre gerne dabei gewesen, aber ich muss damit leben“, kommentierte er die Entscheidung von Bundestrainer Werner Schuster, ihn nicht für die Wettbewerbe auf der Großschanze zu nominieren.
Der Chefcoach setzt im Einzel am Donnerstag und im Teamwettbewerb am Samstag wie schon auf der Normalschanze auf Severin Freund, Richard Freitag, Michael Neumayer und Andreas Wank. „Wir haben hier vier leistungsstarke Springer, das haben sie in der Saison nachgewiesen, und auf die können wir uns stützen. Die stehen von den Vorleistungen her über Wellinger“, erklärte Schuster.
Für Wellinger bedeutet dies der erste kleine Karriereknick. Der Elftklässler ist darüber natürlich nicht glücklich, geht aber souverän damit um. „Insgesamt ist es für mich extrem schnell nach oben gegangen. Davon bin ich nicht ausgegangen. Deshalb freue ich mich jedes Mal, wenn ich dabei sein darf. Auch hier“, betonte er und fügte hinzu: „Die WM ist auf jeden Fall ein Erlebnis. Es war klar, dass einer hier zuschauen muss. Und die anderen Vier waren einfach besser.“
Das Leistungstief des im Herbst aus dem C-Kader ins A-Team aufgerückten Neulings kommt für Schuster nicht überraschend. „Er hat noch nicht diese Erfahrung, dass er von Ende November bis Ende März Wettkämpfe auf hohem Niveau macht. Deswegen war es zu erwarten, dass auch mal Schwankungen reinkommen. Er ist ein junger Springer, lebt extrem vom Selbstvertrauen, von der Unbeschwertheit“, sagte Schuster.
Beides war Wellinger zuletzt abhandengekommen. Seit seinem Sturz beim Finale der Vierschanzentournee, die er bei seiner ersten Teilnahme auf dem glänzenden neunten Gesamtrang beendete, ging es bergab. Bei den Junioren-Weltmeisterschaften verpasste er als Fünfter im Einzel die erwartete Medaille, im Weltcup kam er seither nicht mehr unter die Top 20. „Ich tue mich nicht mehr so leicht wie noch vor ein paar Wochen. Ich weiß nicht, woran es liegt. Es sind Kleinigkeiten, die am Ende viel ausmachen“, erzählte Wellinger.
Schuster ist dennoch nicht bange, dass sich Wellinger als Sternschnuppe entpuppen könnte. „Er hat ein Merkmal, das ist schon bemerkenswert. Auch wenn er mal schlecht springt, ist er ziemlich ausgeglichen, gut sortiert. Man kann immer gut arbeiten mit ihm“, lobte der Bundestrainer.
Wellinger sei weder launisch noch eingeschnappt, wenn es im Training oder Wettkampf nicht nach Wunsch läuft. „Er ist immer sehr klar im Kopf“, stellte Schuster fest. „Mit diesen Eigenschaften hebt er sich von einem Durchschnitts-Jungen ab. Das gibt mir die Hoffnung für die Zukunft, dass man mit ihm wieder schnell was aufbauen kann.“ Zunächst wird Wellinger aber den Kollegen an der Schanze fest die Daumen drücken. „Wenn alle das zeigen, was sie können, besteht eine Chance auf eine Medaille“.