Diethart - Ein Schanzen-Adler aus dem Flachland
Bischofshofen (dpa) - Thomas Diethart hat die Skisprung-Welt auf den Kopf gestellt. Mit dem Triumph bei der 62. Vierschanzentournee hat sich der 21 Jahre alte Newcomer aus Österreich wie ein Komet in die Weltspitze katapultiert und zum Gold-Anwärter bei den Olympischen Winterspielen aufgeschwungen.
„Das ist so geil, einfach der Wahnsinn“, sagte Diethart nach seinem Coup, mit dem er sich einen Kindheitstraum erfüllte. Schon im Kindesalter wollte Diethart immer hoch hinaus. Er kletterte auf Bäume, Laternen oder das Dach seines Elternhauses. Schon früh entwickelte er den Traum, einmal Skispringer zu werden. Kein leichtes Unterfangen für einen Jungen aus Niederösterreich. „Es ist eigentlich unvorstellbar für eine Familie, die im Flachland wohnt, wo weit und breit nicht einmal eine gescheite Erhebung ist, dass man einem Buben das Skispringen ermöglicht“, erzählte Vater Gernot nach dem Sieg seines Sohnes beim Neujahrsspringen.
Dieser Erfolg markierte einen Wendepunkt im Leben von Thomas Diethart. Praktisch über Nacht wurde aus dem nur Insidern bekannten Talent ein gefeierter Sportstar. Noch während der Tournee wurden flugs Autogrammkarten angefertigt, die Diethart bis vor wenigen Wochen von seinen Konkurrenten noch selbst sammelte. Die Herzen der Fans fliegen ihm nur so zu, auf Facebook sammelte der Aufsteiger innerhalb weniger Tage mehr als 22 000 Likes.
Dabei war der Beginn seiner Skisprung-Karriere äußerst steinig. Zum Training fährt der Vater mit dem Sohn 200 Kilometer zur nächsten Schanze, wo beide aus Kostengründen oft in einer Hütte übernachten. Als das Geld der Eltern dennoch knapp wird, nehmen sie einen Kredit auf. „Uns ist das Geld hinten und vorne ausgegangen. Dann gehst du jammern zu Firmen, damit die vielleicht einen Sprunganzug zahlen“, berichtete der Vater im Rückblick.
Selbst als Thomas Diethart aus der Kaderförderung fliegt, verfolgt er sein Ziel mit eisernem Willen weiter. Dennoch musste das Bewegungstalent lange auf den Durchbruch warten. Nach seinem Debüt im Weltcup 2011 folgten eine Durststrecke und Einsätze in unterklassigen Wettbewerben.
Erst kurz vor Weihnachten kehrte die Naschkatze, die keiner Süßigkeit widerstehen kann, in Engelberg in den Weltcup zurück - um dann bei seinem Tournee-Debüt die Schanzen zu rocken. „Wenn mir das einer vor der Tournee prophezeit hätte, hätte ich darüber gelacht. Es ist ein Wahnsinn. Ich bin überwältigt“, sagte Diethart.
Der Höhenflug des aus Michelhausen stammenden Weitenjägers, der über eine exzellente Sprungkraft verfügt, entschädigt nun für die zahlreichen Entbehrungen. Innerhalb von drei Wochen hat Diethart allein an Prämien 43 500 Euro verdient. Demnächst wird sich das Konto des Hobby-Fotografen weiter füllen, denn schon während der Tournee war er ein in allen Medien gefragter Mann. Im Leben des Thomas Diethart ist nichts mehr so, wie es vor der Tournee war.