DSV-Adler hoffen auf weite Flüge in Vikersund
Vikersund (dpa) - Der Adrenalinspiegel bei Severin Freund dürfte schon beim Anflug auf den Monsterbakken in Vikersund in die Höhe geschossen sein.
Auf der weltgrößten Schanze will Deutschlands Topspringer beim Triple-Weltcup von Freitag bis Sonntag den schwachen Auftritt von Trondheim revidieren und - wie bei seinem deutschen Rekord von 245 Meter im Vorjahr - wieder einen besonderen Kick erleben. „Das Gefühl, hier am Limit zu fliegen, ist ein ganz besonderes und einzigartiges. Entsprechend groß ist die Vorfreude, wieder auf dieser Anlage fliegen zu dürfen und das gleich bei drei Weltcups in Folge“, sagte Freund am Donnerstag.
Bundestrainer Werner Schuster sieht der Weitenjagd auf der 2011 erbauten und rund 70 Kilometer westlich von Oslo gelegenen Riesenanlage jedoch mit gemischten Gefühlen entgegen. „Es ist immer ein schmaler Grat beim Skifliegen. Ich hoffe, dass es nicht gefährlich wird.“
Die Sorge ist nicht unbegründet, denn Schuster hat angesichts des straffen Weltcup-Programms eine gewisse Müdigkeit bei seinen Schützlingen ausgemacht. „Severin springt, bedingt durch körperliche Defizite, momentan technisch nicht so gut wie gewohnt. Richard Freitag und Andreas Wellinger waren in Trondheim auch nicht gut drauf“, stellte der Bundestrainer fest. „Selbst bei Peter Prevc kommt nicht mehr ein Sprung wie der andere.“
Wie jedem Skisprung-Fan hat sich Schuster die historische Flugshow von 2015 ins Gedächtnis eingebrannt. Vierschanzentourneesieger Prevc flog damals als erster Mensch 250 Meter weit. 24 Stunden später holte sich der Norweger Anders Fannemel mit 251,5 Meter den Weltrekord. „Ob es noch weiter geht, wage ich nicht zu prognostizieren. Irgendwann ist das Limit erreicht“, mahnte der Coach.
Warnendes Beispiel war im Vorjahr der Russe Dimitri Wassiljew, der bei 254 Metern stürzte - und zum Glück unverletzt blieb. „Das hätte auch schlimm ausgehen können“, sagte Schuster rückblickend. Er hofft daher, dass die Veranstalter die Schraube bei der Gestaltung des Schanzenprofils nicht überdrehen. Im vergangenen Jahr war die Neigung am Tisch um 0,8 Grad gesenkt worden, wodurch die Springer mit einer ungeheuer großen Geschwindigkeit in den Hang hineinflogen.
Bremsen kann er seine Schützlinge ohnehin nicht. Denn nirgends sind sie dem Traum vom Fliegen so nah wie auf den Monsterbakken am Kulm, in Planica und eben in Vikersund. „Es macht extrem viel Spaß, so weit zu fliegen. Wenn man nicht korrigieren muss, kann man es richtig genießen. Dann ist es der Wahnsinn“, beschrieb Wellinger das Gefühl. „Man ist viel länger in der Luft. Das macht die Faszination aus“, erklärte Andreas Wank.
Es gibt aber auch eine Kehrseite. „Der Respekt ist größer als auf einer normalen Sprungschanze, weil auch die mentale Belastung größer ist“, erzählte Stephan Leyhe von seinen Erfahrungen. Dennoch erwartet Schuster schon am Freitagabend (20.00 Uhr) eine sehr hohe Entschlossenheit: „Die Mannschaft liegt nach dem Rückschlag in Trondheim nicht am Boden und lässt sich nicht hängen. Die Motivation ist bei allen hoch.“