Freund hofft: „Vielleicht können wir ihn kitzeln“
Bischofshofen (dpa) - Severin Freund lud am Ruhetag seine Akkus für das scheinbar aussichtslose Finale mit Überflieger Peter Prevc um den Tournee-Triumph auf.
Obwohl sein Rivale aus Slowenien mit fast 20 Punkten Vorsprung in den finalen Schanzen-Showdown in Bischofshofen geht, hat Freund die Hoffnung auf den ersten deutschen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee seit 14 Jahren noch nicht endgültig aufgegeben. „Ich werde wie immer angreifen und will einen schönen Abschluss machen“, versprach der Skisprung-Weltmeister.
Bei einem gemütlichen Abendessen in einem kleinen Innsbrucker Lokal holte sich Freund vom gesamten Team moralischen Beistand für die Herkulesaufgabe. Bundestrainer Werner Schuster stärkte seinem formidablen Frontmann, der den deutschen Skispringern mit größter Wahrscheinlichkeit das beste Ergebnis seit dem zweiten Platz von Sven Hannawald 2002/03 bescheren wird, demonstrativ den Rücken: „Ich sehe die Möglichkeit, Prevc wieder auf Augenhöhe zu begegnen. Vielleicht können wir ihn noch einmal kitzeln.“
Nach dem traumhaften Jahr 2015 mit zwei WM-Titeln und dem krönenden Triumph im Gesamt-Weltcup hat Freund trotz starker Auftritte in diesem Winter vorerst seinen Meister gefunden. „Severin hat bisher eine tolle Geschichte geschrieben. Er ist der erste Verfolger und eine sehr gute Tournee gesprungen. Wenn du Erster, Zweiter und Dritter wirst, führst du normalerweise oder bist zumindest in Schlagdistanz. Aber Prevc hat überragende Sprünge gemacht“, bilanzierte Schuster nach dem Springen am Bergisel.
Die Rollen sind deshalb klar verteilt. Wie ein Uhrwerk spult der 23 Jahre alte Prevc seine Wettkampfsprünge bisher ab und beeindruckt alle Konkurrenten. „Es ist echt der Wahnsinn, mit welcher Konstanz er springt. Das ist derzeit unvergleichbar“, lobte Richard Freitag. Und Freund räumte ein: „Es geht für mich momentan darum, auf sein Niveau zu kommen.“
Den Rückstand aufzuholen wird daher aus Sicht des Bundestrainers „äußerst schwer, dafür ist der Gegner einfach zu stark.“ Zumal Prevc die Schanze in Bischofshofen vom Profil gut liegt. „Da kommen seine Qualitäten voll durch. Es braucht eigentlich einen Fehler von ihm oder äußere Umstände, damit noch was gehen kann. Beide respektieren sich aber viel zu sehr, als dass man dem anderen einen Fehler oder Sturz gönnt“, erklärte Schuster.
Das spürt man im Umgang der beiden introvertierten Schanzenstars, die sich in vielen Dingen ähnlich sind. „Peter ist ein eher ruhiger Typ und ein harter Arbeiter, der in jedem Wettkampf alles rausholt“, beschreibt Freund den vier Jahre jüngeren Weltcup-Spitzenreiter. Ähnliches sagt Prevc über den Deutschen: „Severin will immer perfekt sein. Er versucht, immer alles unter Kontrolle zu haben. Für mich ist es eine Freude, mich mit solch einem Athleten zu messen.“
Egal, wie das Gigantenduell ausgeht, schon jetzt dürfen die deutschen Weitenjäger die Tournee als Erfolg verbuchen. Immerhin rangieren in Freitag (9.), Andreas Wank (10.), Andreas Wellinger (11.) und Stephan Leyhe (15.) vier weitere DSV-Springer in den Top 15. „Es ist eine Befriedigung, dass es jetzt auch bei der Tournee gelungen ist, einen bedeutenden Schritt weiterzukommen. Auch wenn der Sieg noch ein Stückchen weg ist. Wir haben gemeinsam das Level angehoben“, stellte Schuster zufrieden fest.
Den Unterschied macht natürlich Freund aus, denn auch im Vorjahr landeten fünf Deutsche unter den besten 15. „Da war der Beste aber Sechster und das hat uns niemand gedankt. Man will einfach die Top-Performance sehen und da haben wir jetzt einen dabei. Das ist sehr angenehm“, erklärte Schuster.
Diese Situation soll die DSV-Adler auch im Finale beflügeln, für das Freitag seinem Zimmerkumpel Freund Mut zusprach. „Wir sind bei der Tournee, das darf man nie vergessen. Da ist alles möglich“, sagte der Sachse und orakelte: „Peter wird oben sitzen und aufgeregt sein, Severin dagegen heiß.“