Freund noch nicht im WM-Flow - Auch Prevc patzt
Bad Mitterndorf (dpa) - Das Vorgeplänkel zum WM-Showdown am Kulm bereitete Skiflug-Weltmeister Severin Freund noch keinen Genuss. „Der ganz große Überflug war noch nicht dabei“, stellte der Titelverteidiger nach dem Training und der Qualifikation fest.
„Wenn man gleich den richtigen Sprung aufliegen hat, ist es natürlich schöner. Aber für diesen Tag war es okay“, sagte der deutsche Hoffnungsträger. Immerhin nahm er für den zweitägigen Kampf um WM-Gold die wichtige Erkenntnis mit, dass auch Überflieger Peter Prevc mal patzt. In der Qualifikation, die Weltrekordler Anders Fannemel aus Norwegen mit 233 Meter für sich entschied, kam der Topfavorit aus Slowenien nur auf 188,5 Meter. Freund sprang 206,5 Meter weit.
„Es wäre natürlich grandios, wenn ich den Titel verteidigen könnte. Aber das ist im Skifliegen noch schwerer als beim Springen, weil viele Spezialisten eine Chance haben“, sagte der Weltmeister von 2014 danach. „Ich gehe nicht mit dem Ziel in den Wettkampf, es unbedingt schaffen zu müssen.“
Überbewerten wollte er die für die Top Ten des Gesamt-Weltcups ohnehin bedeutungslose Qualifikation nicht. Zumal Prevc, der in dieser Saison schon sieben Siege gefeiert hat, zuvor im Training auf die Tagesbestweite von 235,5 Meter geflogen war. „Er ist im Moment einfach sehr gut in Form. Deshalb wird es ohnehin schwierig“, sagte Freund. „Aber die Ergebnisliste muss man nicht schon vorher schreiben. Kleinbeigeben tue ich nicht.“
Auch Bundestrainer Werner Schuster sieht die Medaillenchancen für seine Nummer eins intakt. „Severin ist noch auf der Suche, aber er ist stabil. Wir müssen noch im Materialbereich Kleinigkeiten abstimmen, dann wird er konkurrenzfähig sein“, sagte der Coach. Dem Wettkampf sieht er gelassen entgegen: „Severin macht einen positiven Eindruck, ist innerlich ruhig und verbreitet keinen Stress. Er wird mit all seiner Routine bei der Medaillenvergabe ein Wort mitreden.“
Das Supergefühl vom Fliegen stellte sich bei Freund - anders als im Vorjahr beim Schanzenrekord von 237,5 Meter - am Tag eins der Titelkämpfe in Bad Mitterndorf noch nicht ein. „Du merkst, wenn der Sprung richtig aufgeht. Dann ist alles ganz einfach“, berichtete der 27-Jährige. Erzwingen könne man dies jedoch nicht. „Beim Skifliegen muss man es mehr über das Gefühl lösen und nicht so viel mit dem Kopf arbeiten. Ich will es genießen und schauen, dass ich möglichst weit unten lande.“
Während der Bayer in allen drei Versuchen zumindest die 200-Meter-Marke knackte, erlebten seine Teamkollegen ein Wechselbad der Gefühle. „Wir haben stark angefangen und dann stark nachgelassen. Die Qualifikation war sehr holprig und zum Anschauen nicht angenehm“, erklärte Schuster nach einem Tag der Extreme.
Immerhin schafften es auch die anderen vier DSV-Springer in den Einzelwettbewerb am Freitag und Samstag. Richard Freitag, Andreas Wellinger, Andreas Wank und WM-Neuling Stephan Leyhe hatten bei ihren Sprüngen noch viel Luft nach oben. „Sie wollten das Beste herausholen. Aber wenn man es zu verkrampft macht, kann es auf dieser riesigen Schanze unangenehm werden“, bilanzierte Schuster und stellte erleichtert fest: „Zumindest sind alle gesund auf ihren Füßen gelandet.“