Rekordjagd in Vikersund - Schuster skeptisch
Frankfurt/Main (dpa) - Vorhang auf für die spektakulärste Flugshow der Skisprung-Geschichte. Auf dem „Monster-Bakken“ in Vikersund wollen die weltbesten Weitenjäger am Wochenende in neue Dimensionen vorstoßen, doch einige Trainer und Funktionäre sehen der Rekordhatz mit gemischten Gefühlen entgegen.
„Es gibt keinen Weltrekord. Wir beteiligen uns nicht an solchen Rechnungen, denn wir wollen keine Rekordjagd“, sagte FIS-Renndirektor Walter Hofer der Nachrichtenagentur dpa. Den bisher weitesten Flug von einer Schanze absolvierte Björn Einar Romören 2005 in Planica. 239 Meter sprang der Norweger vor sechs Jahren. Auf der umgebauten und am 8. Februar eröffneten Anlage in seiner Heimat sollen nun Weiten bis zu 250 Meter möglich sein, was Romören den Wunsch äußern ließ: „In Vikersund wird es hoffentlich noch schöner als in Planica.“
Bundestrainer Werner Schuster, aus dessen sechsköpfigem WM-Aufgebot lediglich Michael Neumayer am Start sein wird, bangt angesichts der zu erwartenden Weitenjagd vor allem um die Gesundheit der Athleten. „Ich hoffe wirklich, dass das Profil der Schanze gelungen ist und es eine sichere und tolle Veranstaltung wird“, sagte Schuster.
Der 41-Jährige, der auf der seit 1995 stillgelegten Flug-Anlage im amerikanischen Ironwood mit 158 Metern den Schanzenrekord hält, weiß um die Verlockungen. „Natürlich wollen die Sportler weiter springen. Man muss jetzt mal sehen, wo diese spektakuläre Weitenrekordjagd hinführt. Die war ja über Jahre eingefroren“, meinte Schuster, der nicht vor Ort weilen wird.
Martin Koch, am vergangenen Wochenende souveräner Sieger beim Weltcup in Oberstdorf, war schon im Vorfeld elektrisiert. „Man müsste mich schon einsperren, dass ich nicht nach Vikersund fahre. Davon kann mich nichts abhalten. Von dieser Abschussrampe muss man auf jeden Fall runter“, sagte der Österreicher.
Sein Landsmann Gregor Schlierenzauer, der wie Koch zu den begnadeten Fliegern gehört, ist ebenfalls gespannt auf den Bakken mit einer 134 Meter langen Anlaufspur. „Skifliegen ist immer etwas Besonderes, und auf der größten Schanze der Welt natürlich ein ganz spezielles Gefühl. Ich bin gespannt, was die Norweger da hingebaut haben“, sagte der dreimalige Skiflug-Weltmeister.
Die 45 Jahre alte Schanze, auf der Sven Hannawald im Jahr 2000 Weltmeister wurde, bietet ein völlig neues Bild. Einen Schanzenturm sucht man vergeblich, die Anlage wurde direkt in den Hang gebaut.
„Beim Skifliegen brauchst du Selbstvertrauen ohne Ende, eine optimale Materialabstimmung und musst den Autopiloten einschalten“, nannte Schuster die Grundvoraussetzungen für solch ein Abenteuer. Dem Großteil seines WM-Teams hat er den Nervenkitzel daher erspart, auch wenn er vor allem Severin Freund einiges zugetraut hätte. „Er gehört momentan zu dieser Liga“, meinte der Bundestrainer.
Im letzten Wettkampf vor der WM wollten jedoch weder der Coach noch der Überflieger aus Rastbüchl das Glück strapazieren und entschieden sich für eine Absage. „Es kommt wieder eine Möglichkeit“, sagte Schuster mit Blick auf 2012. Dann findet in Vikersund die Skiflug-WM statt.