Wellinger will Vollgas geben: „Olympia ist das Ziel“

Frankfurt/Main (dpa) - Seit knapp drei Monaten darf Andreas Wellinger allein ans Steuer. „Ich darf jetzt endlich alleine fahren. Vorher mussten immer meine Eltern danebensitzen“, erzählt der Ende August 18 Jahre altgewordene Abiturient mit einem verschmitzen Lächeln.

Im Olympia-Winter will der Youngster im Team der ambitionierten deutschen Skispringer aber vornehmlich auf der Schanze Vollgas geben - möglichst schon beim Weltcupauftakt an diesem Wochenende in Klingenthal.

Dort landete Wellinger vor sieben Wochen mit dem Tages- und Gesamtsieg im Grand Prix seinen bislang größten sportlichen Sieg. „Dass ich nach meinem Erfolg im Sommer gerne nach Klingenthal fahre, versteht sich von selbst“, sagt der Senkrechtstarter der Vorsaison. Allerdings will er daraus keine voreiligen Rückschlüsse auf die Saison ziehen: „Es ist schön, dass ich den Grand Prix gewonnen habe, aber es geht im Winter alles wieder bei Null los. Man kann Sommer und Winter nicht miteinander vergleichen. Die Karten sind neu gemischt.“

An der gestiegenen Erwartungshaltung - auch der eigenen - ändert dies nichts. Nach dem glanzvollen Sommer mit drei Grand-Prix-Erfolgen und angesichts des Ausfalls von Richard Freitag wird ihm zum Saisonstart die Rolle des großen Hoffnungsträgers neben Severin Freund zugedacht. „Er ist mit der Erfahrung der Vorsaison weiter, hat sich vom Niveau her noch etwas gesteigert. Er hat gute Chancen, sich zu etablieren, auch wenn die extreme Leichtigkeit des Vorjahres natürlich weg ist“, sagt Bundestrainer Werner Schuster.

Wellinger, der in seiner ersten Weltcupsaison mit zwei Podestplätzen und Rang 20 in der Gesamtwertung aufhorchen ließ, setzt auf seine Unbekümmertheit. „Ich versuche, genauso in die Saison zu gehen wie im vergangenen Jahr: einfach locker drauflos springen. Klar ist die Ausgangssituation eine andere. Vor einem Jahr kannte mich fast keiner und jetzt gibt es schon ein paar, die mich wahrgenommen haben. Mal schauen, ob es funktioniert“, verrät er seine Taktik.

Der begeisterte Hobby-Surfer, der seine Teamkollegen im Trainingslager auf Marbella zu einem Ausflug auf die Wellen überredete („Ich glaube, jeder hat etwa einen Liter Wasser geschluckt“), hat sich längst den Respekt der internationalen Elite erworben und ist in der DSV-Mannschaft innerhalb von zwölf Monaten zur festen Größe gereift. „Er muss gut starten, das ist immer wichtig für so einen jungen Mann. Dann ist er eine Riesenoption für unser Team. An guten Tagen kann er alle schlagen“, sagt Schuster.

Auch Topspringer Severin Freund rechnet mit Wellinger. „Er hat ein wahnsinnig großes Potenzial. Wenn man in diesem Alter den Sommer-Grand-Prix gewinnt, ist das ein Fingerzeig. Man darf zwar nicht den Fehler machen, jetzt zu erwarten, dass es im Winter genauso läuft. Er hat aber gezeigt, dass er es drauf hat“, meint Freund.

Trotz des Lobes und der Vorschusslorbeeren klopft Wellinger keine lauten Sprüche. Er will Woche für Woche seine Leistung abrufen, um sich den großen Traum von Olympia zu erfüllen. „Olympia ist natürlich mein Ziel. Aber wir haben im Moment eine extrem starke Mannschaft - da wird es nicht einfach, zu den fünf Besten zu gehören, die nach Sotschi fahren dürfen“, sagt Wellinger und fügt leise hinzu: „Ich habe wirklich Respekt davor.“