Snowboarder Rice: Wagemutigster unter Wagemutigen
München (dpa) - Mit seinem Film „The Art of Flight“ begeistert Travis Rice die Welt der Freestyle-Snowboarder. Ausgerechnet ein Wettkampf in Deutschland machte den US-Amerikaner vor Jahren berühmt - nun lässt er sich von Spezialkameras filmen, wie er unberührte Berghänge hinunterjagt.
Wenn Rice aber ein Snowboard umschnallt, schaut eine ganze Elite zu ihm auf. Der 29-Jährige gilt als wagemutigster Freestyle-Snowboarder, und wie zum Beweis hat der US-Boy nun einen wahrlich atemberaubenden Film herausgebracht. Hauptdarsteller: Er selbst.
Selten hat es bestechendere Bilder von Snowboardern in unberührten Gebieten dieser Erde gegeben. Mit den besten Freestyle-Athleten flog Rice in den chilenischen Teil Patagoniens, nach Alaska, in die Rocky Mountains und in die Anden. „Wir haben Plätze gesucht, wo noch nie jemand war“, sagt er. Mit dem Snowboard jagte die Sportler in Schneeanzügen die steilsten Klippen hinab, standen wie Skispringer sekundenlang in der Luft und lösten dank ihrer rasanten Abfahrten Schneelawinen aus - denen sie gekonnt entkamen.
Die sehenswerten Luftaufnahmen von „The Art of Flight“ begeistern Snowboard-Generationen auf der ganzen Welt. Mehr als zwei Millionen Dollar hat die Produktion gekostet, zu Teilen finanziert von „Red Bull“, dem im Trendsportbusiness verankerten Energy-Drink-Hersteller. „Wir wollten Dinge und Tricks zeigen, die vorher keiner kannte“, sagt Rice, dessen Film nun weltweit vorgeführt wird. München war Startpunkt in Europa, danach tourt die Crew durch die Hauptstädte.
Die Gier nach dem Besonderen hat Rice schon seit seiner Kindheit verinnerlicht. In einem kleinen Tal in Wyoming, zu Füßen der östlichen Rocky Mountains, wuchs er auf. Früh bekam er sein erstes Snowboard - und ließ die Schule dafür gerne mal sausen. Inzwischen hat sich das Hobby zur Profession und der Junge zum Millionär entwickelt, der seinen Hang zur Jugendlichkeit nie abgelegt hat.
Wie Mutproben versteht der Mann mit ultracoolem Gesichtsausdruck die ausgefallensten Stunts in seinem 80-minütigen Film. „Es gibt keine Strategien dafür. Du entscheidest ganz spontan, was du machst.“ Beispielsweise, wenn die Lawine kommt: „Davonlaufen? Unter ihr hinwegtauchen? Zur Seite ausweichen? Du musst entscheiden.“
Dank diverser Spezialkameras wirken die Szenen aus den anderthalbjährigen Dreharbeiten surreal, auch wenn sie echt sind. In Superzeitlupe aus allen Positionen zeigen sie Bilder, wie die Crew um Rice und den einzigen mitwirkenden Europäer Nicolas Müller (Schweiz) mit dem Snowboard Äste von Bäumen absägen und vor atemberaubendem Panorama ins metertiefe schneeweiße Nichts springen. „Travis macht einfach die verrücktesten Dinge“, verdeutlicht Müller.
Vor fünf Jahren wurde Rice zum Star. Er gewann den Air & Style Contest in München. In der Snowboarder-Szene, der kaum jemand jenseits der 30 Jahre angehört, gilt dieser Wettbewerb als legendär. Seit 1993 gibt es ihn - und 18 Jahre sind ein gewaltiger Zeitraum für Menschen, die gerade mal ein wenig länger auf der Welt sind. Rice pulverisierte die Konkurrenz damals mit einem seltenen Double Backflip 180, einem Doppelsalto mit halber Drehung.
Fortan galt er als einer der herausragenden Snowboarder, als Wagemutigster unter den Wagemutigen, und Rice wusste um seinen Stellenwert. Fand Sponsoren, drehte Videos und Filme übers Freestyle-Snowboarden. Beidem widmete er sich mehr als den sportlichen Wettkämpfen. 2008 brachte er mit „That's it, That's all“ seinen ersten Film heraus. Seinerzeit schon mit beeindruckenden Tricks auf dem schmalen Brett und spektakulären Naturaufnahmen. Nun setzt Rice mit „The Art of Flight“ noch mal einen drauf.