Zwischen Realismus und Demut

Beim 0:2 gegen den FC Bayern erkennt der 1. FC Köln seine Grenzen — und hält sie sich eifrig vor Augen.

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Köln. Im Dezember 2011 hatte Stale Solbakken eine Idee. Der in Köln weitgehend erfolglose Trainer aus Dänemark wollte einen Punkt im Spiel beim FC Bayern ermauern. Solbakken stellte zwei defensive Abräumer vor eine neu modellierte Fünfer-Abwehrkette, Köln agierte seinerzeit auch in Überzahl so gut wie nie in der gegnerischen Hälfte — und verlor 0:3. Nach dem Spiel schimpfte der Ex-Bayern-Stürmer Mario Gomez über eine Kölner „Zehnerkette“ — und außer den Punkten hatten die Kölner auch ein wenig die Achtung vor sich selbst verloren.

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So gesehen hat der 1.FC Köln aus seiner eigenen Vergangenheit nicht viel lernen wollen. Am Samstag starteten die Kölner drei Jahre später im eigenen Stadion einen neuen Versuch, der bayrischen Qualität läuferische Stärke und Vielbeinigkeit entgegen zu stellen. Und wieder verlor der FC, dieses Mal mit 0:2 (0:1) nach Toren von Mario Götze und des Kölners Daniel Halfar.

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Das tatsächlich Erstaunliche: Selbst nach dem zweiten Gegentreffer änderte das am Samstag leicht demütige FC-Team seine Ausrichtung nicht. „Die haben 90 Minuten nur hinten drin gestanden. Die wollten den Ball gar nicht haben“, sagte Bayern-Spieler Arjen Robben, „auch nach dem 2:0 haben sie ihr Spiel einfach nicht geändert.“

Und so muss sich FC-Trainer Peter Stöger Fragen nach einer Niederlage stellen lassen, die eigentlich hätte als Normalfall abgehakt sein können. Ein zweiter Stürmer kam mit Bard Finne erst zwei Minuten vor dem Spielende, die stürmenden Neuzugänge Yuya Osako und Simon Zoller standen als Alternativen gar nicht zur Verfügung: Stöger hatte sie nach der Niederlage in Hannover aus dem Kader gestrichen. Schuld, sagte der Trainer, trügen die beiden zwar nicht daran, dass der FC seit 417 Minuten ohne eigenes Tor ist. „Aber wenn ich das Gefühl habe, dass sie einen weiteren Einsatz nicht als Chance sehen, sondern als Belastung, muss ich sie raus nehmen.“

Während der körperlich schwächelnde Japaner Osako immerhin beim FC-Sieg in Stuttgart getroffen hatte, ist Zoller noch gar nicht so richtig angekommen. „Ich hoffe“, sagte Stöger, „dass die beiden jetzt die Resettaste drücken und am Montag wieder Gas geben.“ Schlimmer als auf der Tribüne zu sitzen, könne es ja nicht werden. „Vielleicht hilft ihnen das.“

Die Torlos-Serie — in fünf von sechs Ligaspielen hat Köln kein Tor geschossen — plagt den FC, der einigen Aufwand betreiben muss, um überhaupt zu Chancen zu kommen. „Wir müssen die Mannschaft darauf vorbereiten, dass es sehr gut sein kann, dass wir weiter unten reinrutschen. Und darauf, dass diese Torlos-Zählerei weitergeht“, sagte Stöger, der derzeit auf schmalem Grat wandelt. Weil der von ihm und Manager Jörg Schmadtke mühsam eingeführte Realismus in Köln bei sportlichem Misserfolg nur allzu schnell nicht mehr als Erfolgsmodell sondern als Hemmschuh bewertet werden könnte.

Stöger weiß das, er weiß aber auch um die Möglichkeiten seines Kaders, den er vor den schweren Spielen in Frankfurt und gegen Dortmund bei Laune halten muss. „Mehr war einfach nicht drin. Die Bayern sind einfach nicht unsere Kragenweite.“

Die Zahlen unterstützen das: 78 Prozent Ballbesitz hatten die Bayern. Und: Bayerns Xabi Alonso spielte mehr Pässe in Köln als die gesamte FC-Mannschaft zusammen. Das war auch Stöger aufgefallen, der die Bayern als das „mit Abstand beste Team“, bewertete, „gegen das wir bislang gespielt haben.“ Stögers Schluss: „Gut, dass wir nur zweimal in dieser Saison gegen sie spielen müssen.“ Der Österreicher, der mit bewundernswerter Offenheit alle Nachfragen beantwortete, gab dann auch zu, dass es nach dem 0:2 zuerst darum ging, nicht noch weitere Treffer hinnehmen zu müssen. „Es ist ein Unterschied für die Jungs, ob wir hier mit einem 0:2 rausgehen oder mit einem 0:5 in der Kabine sitzen.“ Ähnlich mag seinerzeit Stale Solbakken gedacht haben. Am Ende war der Däne mit dem 1. FC Köln abgestiegen. Aber an dieser womöglich neuen Parallele kann Stöger noch reichlich drehen.