Ägypten-Urlauber zurück: „Schüsse auf dem Balkon“

Frankfurt/Main (dpa) - Mit der rechten Hand hält sich Katharina Jones den Bauch, mit der linken stützt sie sich auf den ausgezogenen Trolli-Griff - das Lächeln ist müde, die Stimme aufgeregt. Jones ist hochschwanger und gerade mit dem kurzfristig angesetzten Lufthansa-Flug aus Kairo gelandet.

Sie ist eine von mehreren hundert Menschen, die am Montagabend das Land verlassen haben und in voll besetzten Maschinen nach Deutschland heimkehrten. Urlauber sind dabei, aber auch Wahl-Ägypter, die vor den Unruhen fliehen.

„Ich erwarte ein Kind, und deswegen mussten wir so schnell es geht weg“, erklärt Jones. Vor allem eine Situation habe ihr den Rest gegeben: „Wenn Sie auf Ihrem Balkon stehen und auf einmal Schüsse um sich herum hören und die Polizeistation 50 Meter entfernt komplett geplündert worden ist, Panzer vor Ihrer Tür stehen, dann reicht's.“ Aufgeregt hat Jones vor allem die Hilflosigkeit: „Wir mussten auf eigene Faust handeln.“ Informationen flossen spärlich. Die einzigen Anweisungen: „Machen Sie Ihre Fenster und Türen zu, und passen Sie auf, und bleiben Sie zu Hause“, spottet sie über die Ratschläge der deutschen Vertretung im Land.

Etwa 25 Kilometer entfernt vom Zentrum hat Hartwig Müller gewohnt. Von den Unruhen hat er kaum etwas mitbekommen, sagt er. „Durch die Ausgangssperre war es natürlich abends total still. Auf der stark befahrenen Straße waren so gut wie keine Autos mehr.“ Auf dem Weg zur Arbeit hat der Geschäftsreisende beobachtet, dass die Anwohner auf eigene Initiative Straßensperren errichteten. „Da fing man schon an, sich ein bisschen unwohler zu fühlen. Aber insgesamt hatte ich da, wo ich war, kein Risiko gesehen.“

Auch Günter Kremer erlebte die tagelangen Straßenschlachten in Kairo und erzählt: „In der ersten Woche, als ich das gesehen habe, habe ich gesagt, das geht nicht gut. Das Schlimmste war, dass wir nicht raus konnten und keine Informationen bekamen. Wer dann noch freiwillig aus dem Haus gegangen ist, ist lebensmüde.“

Ein anderer Heimkehrer wird ebenfalls deutlich: „Im Untergrund läuft da was ab. Es braut sich was zusammen, man merkt das“, erzählt er nach seiner Ankunft in Terminal 1. Und auf die Frage nach der Atmosphäre in der Stadt sagt der Mann knapp: „Kurz vorm Knall“.