Aigner will Futterhersteller in die Pflicht nehmen
Berlin (dpa) - Als Konsequenz aus dem Dioxin-Skandal will Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) die Futtermittelhersteller zu Tests verpflichten und staatliche Kontrollen verschärfen. Sie kündigte am Freitag einen Zehn-Punkte-Plan an, über den das Kabinett an diesem Mittwoch beraten will.
Aigner räumt Fehler ein, lehnte aber einen Rücktritt ab und kritisierte die Opposition. Zugleich wurde bekannt, dass jedes vierte aktuell getestete Ei zu viel Dioxin enthielt.
Die Futtermittelhersteller sollen nach Aigners Willen zur Prüfung der Zutaten verpflichtet werden und die Ergebnisse melden. Geplant sind auch eine Zulassungspflicht und eine vorgeschriebene Haftpflichtversicherung. Schon bei Fahrlässigkeit sollen Strafen fällig werden. Den Ländern will die Bundesministerin schlagkräftigere Kontrollen vorgeben.
Die Behörden müssen nach den Aigner-Plänen künftig überhöhte Grenzwerte zwingend im Internet auflisten. Außerdem sollen Privatlabors bedenkliche Mengen melden müssen. Die Herstellung von Futterfett und technischem Fett soll EU-weit getrennt werden. Auch ein Frühwarnsystem und eine Liste von Futtermitteln sind geplant.
„Wir müssen die Sicherheitsstandards erhöhen“, sagte Aigner. „Die Pflicht der Futtermittelunternehmer zur Kontrolle ihrer Produkte wird deutlich verschärft.“ Die Wirtschaft müsse sich an die Regeln halten. Aber auch die Länderkontrollen müssten besser werden. „Das wird wohl auch zu einer Verschärfung und zu einer Ausweitung der Kontrollen führen müssen.“ Sicherheit dürfe keine Kostenfrage sein. Sie betonte: „Wir brauchen einen Wettbewerb um die beste Kontrolle.“
Im aktuellen Dioxin-Skandal sind mehr als ein Viertel der bisher getesteten Eier mit dem Gift belastet. Das gab der Leiter für Lebensmittelsicherheit im Bundesverbraucherministerium, Bernhard Kühnle, bekannt. Von 83 Proben lägen 23 oberhalb des Höchstwertes. Bei Schweinefleisch sei von 33 Proben eine über dem Dioxin- Höchstgehalt und eine am Höchstgehalt registriert worden. Bundesweit sind noch 396 Betriebe gesperrt und werden auf Dioxinbelastung untersucht. Aigner sieht weiterhin keine Gesundheitsgefahr.
Dioxinverdächtiges Schweinefleisch aus Sachsen-Anhalt ist auch nach Tschechien und Polen gelangt, sagte der Abteilungsleiter. Es gebe aber keine Chargen mehr, die zurückgeholt werden könnten. 180 Schweine, die Dioxin-Futter bekamen und im Dezember von Niedersachsen nach Sachsen-Anhalt geliefert wurden, sind inzwischen verarbeitet worden und wohl gegessen. Man könne dieses Fleisch nicht mehr testen und auch nicht kalkulieren, ob es belastet war.
Die Ministerin räumte Fehler in ihrer Reaktion auf den Dioxin- Skandal ein. „Vielleicht hätte ich noch mehr kommunizieren müssen nach außen.“ Das müsse aber Hand und Fuß haben. „Nein“, sagte sie auf die Frage nach einem Rücktritt. „In meinem Haus wurden alle Schritte eingeleitet, die wir einleiten konnten.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stützt nach Darstellung von Regierungssprecher Steffen Seibert das Krisenmanagement Aigners.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, die in der rot-grünen Bundesregierung für Verbraucherschutz zuständig war, hatte Aigners Entlassung gefordert. Die Ministerin kritisierte ihrerseits die Opposition. „Es sind manche Vorgänge, die an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten sind.“ Die Agrar- und Verbraucherminister kommen am nächsten Dienstag in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen.