Amann im Interview: „Unterschätzt haben wir das nie“

Berlin (dpa) - Nach der Absage des Eröffnungstermins 27. Oktober 2013 für den Hauptstadtflughafen nimmt Technikchef Horst Amann Stellung zur aktuellen Lage.

Herr Amann, Mitte November waren Sie noch zuversichtlich, dass der Eröffnungstermin 27. Oktober für den neuen Berliner Flughafen eingehalten werden kann. Nun die Absage. Was ist in der Zwischenzeit passiert?

Amann: „Es war eine Folge von Ereignissen. Man muss dazu noch einmal zurückblicken: Es gab eine bestimmende Grundlage für die Termin-Nennung Oktober 2013 - nämlich die, dass wir den baulichen Zustand des Gebäudes, des Terminals, lassen und ihn nicht in einen Zustand zurückführen, der vollständig mit der Baugenehmigung übereinstimmt. Das hätte Jahre gedauert. Und so haben wir gesagt, wir können davon ausgehen, dass die bauliche Substanz das hergibt, was wir brauchen, und versuchen durch Nachweise mit Sachverständigen darzulegen und nachzuweisen, dass das Gebäude auch in dieser gebauten Form sicher ist und die Anforderungen erfüllt, um genehmigt werden zu können. Das war der Anspruch, der zu dieser Termin-Nennung geführt hat. Das ist leider nicht eingetreten.“

Gab es neue Erkenntnisse im Laufe des Dezembers?

Amann: „Es war damals, im November, schon klar, dass Wohl und Wehe davon abhängen, wie die Rauchversuche ausgehen. Denn die zeigen letztlich, ob die Physik auch das macht, was wir unterstellen. Und die Auswertung der Versuche, insbesondere der kritischen, die wie vor Weihnachten durchgeführt haben, haben gezeigt, dass es nicht auf Anhieb funktioniert - dass wir einerseits Situationen mit rauchfreien Schichten erzeugen können, die aber wiederum eine solche Nachbehandlung in der Planung und auch in der Ausführung und insbesondere der Steuerung notwendig machen, dass uns das einfach die Zeit raubt. Allein diese Kette, die notwendig ist, um die Brandschutzanlage in der jetzt möglichen Form zum Laufen zu bringen, lässt keine Realisierung mehr zu, die den Oktober möglich macht. Das ist der entscheidende Punkt gewesen. Diese Erkenntnis hat sich bis zu meinem Schreiben am 4. Januar dieses Jahres so verfestigt, dass ich die Notwendigkeit sah, die Reißleine zu ziehen.“

Haben Sie die Aufgabe unterschätzt?

Amann: „Nein, unterschätzt haben wir das nie, zu keiner Minute. Uns war immer klar, dass dies ein ambitionierter Zeitplan ist. Was wir unterschätzt haben, ist nicht unsere Vorgehensweise. Wir haben es nicht früher erkennen können, wie der bauliche Zustand tatsächlich ist - das hätte bedurft, dass wir zigtausend Quadratmeter Decken oder Böden oder Kanäle öffnen. Das hat uns in der Tat überrascht, da gibt es heute zum Teil noch Überraschungen. Die konnten wir nicht kalkulieren, weil die kann man weder in den ersten sechs Wochen noch in einem Vierteljahr erkennen.“

Und deswegen können Sie auch noch keinen genauen Zeitpunkt für die Eröffnung nennen?

Amann: „Es geht unverändert weiter auf der einen Seite. Das, was geregelt, gebaut, geplant werden kann, wird unverändert fortgesetzt. Es gibt aber auch Bereiche, wo wir noch einmal quasi resetten müssen und sagen: Ist das der richtige Weg, den wir beschritten haben? Wäre nicht solch ein Umbau der schnellere Weg als mühevoll zu versuchen, mit diesen Nachsteuerungen in Situationen zu kommen, die funktionieren? Das ist der entscheidende Punkt, den wir jetzt behandeln müssen. Bevor wir dies getan haben, wäre es unseriös und nicht zu verantworten, einen neuen Termin zu nennen. Wir brauchen die Klarheit auch mit der Behörde, damit wir dort auch erkennen, wo der richtige Weg ist und dann können wir auch einen Termin nennen. Das muss nicht sehr lange dauern, aber heute ist das nicht möglich.“

Wann werden Sie den Termin nennen, in einem halben Jahr?

Amann: „Ich lege mich da nicht fest. Wir müssen die Schritte jetzt in Ruhe und mit Augenmaß machen. Und wir müssen auch schonungslos die Fakten und die Wahrheit auf den Tisch legen. Das ist der springende Punkt.“

Bereuen Sie es, im August die Aufgabe des Technikchefs übernommen zu haben?

Amann: „Keinesfalls. Es ist nach wie vor mein Ziel, diesen Flughafen in Betrieb zu nehmen. Der BER wird ein toller Flughafen. Er ist es einfach wert, dass er ans Netz geht, und ich werde alles tun, damit das so rasch wie möglich geschieht.“