Analyse: Der Iran steckt beim Syrien-Konflikt in der Zwickmühle

Teheran (dpa) - Im Iran kann man politisch vieles reformieren, aber ein Thema gilt als absolut unverrückbar: die Feindschaft mit Israel. Sie ist eine unantastbare Doktrin der iranischen Außenpolitik.

Da Syrien engster Verbündeter im Kampf gegen Israel ist, ist auch die Unterstützung des Regimes von Präsident Baschar al-Assad Teil dieser Doktrin. Auch der neue moderate Präsident Hassan Ruhani kann daran bislang nichts ändern. Die neue Lage dürfte ihm in mehrfacher Hinsicht einen Strich durch die Rechnung machen.

„Das Kriegsszenario in Syrien kam für Ruhani zu einem sehr schlechten Zeitpunkt“, sagt ein Politologe in Teheran. Mit Außenminister Mohammed Dschawad Sarif an der Spitze hatte der Präsident gerade ein neues außenpolitisches Team gebildet, um die Differenzen mit dem Westen - auch die mit den USA - auszuräumen. „Falls ein Krieg ausbricht, gerät Ruhani in eine Zwickmühle“, meint der Politologe. Dieser müsse sich dann auf die Seite Syriens und damit nicht nur gegen den Westen, sondern auch gegen muslimische Staaten wie die Türkei und Saudi-Arabien stellen. Dies wollte Ruhani nur drei Wochen nach seinem Amtsantritt gewiss nicht.

Im Syrien-Konflikt hat der oberste Führer des Landes, der in strategischen Belangen das letzte Wort hat, schon längst ein klares Machtwort gesprochen: „Der Iran wird die Führung in Damaskus stets unterstützen, und der Grund dafür ist die anti-israelische Haltung Syriens“, hat Ajatollah Ali Chamenei klargestellt. An dieser Haltung wird sich im Iran auch nichts ändern. Ohne die Assad-Regierung stünde der Iran mit seiner radikalen Anti-Israel-Politik ziemlich allein auf weiter Flur. Auch die logistische Unterstützung der anti-israelischen Schiitenorganisation Hisbollah in Südlibanon wäre ohne Syrien gefährdet.

Nach den jüngsten Kriegsdrohungen gegen Syrien wurde deshalb auch der Ton im Iran immer schärfer. „Die USA kennen die rote Linie bezüglich Syrien und jegliche Überquerung dieser Linie wird gravierende Folgen fürs Weiße Haus haben“, sagte der Vizekommandeur der Streitkräfte, Massud Dschsajeri. Parlamentspräsident Ali Laridschani warnte den Westen auch davor, Israels indirekt zu gefährden: „Im Falle eines Krieges in Syrien sollten sie sich auch um ihr illegitimes Kind (Israel) in der Region große Sorgen machen.“

Islamistische Kreise im Iran versuchen, die bevorstehende Militäraktion in Syrien als einen Glaubenskrieg darzustellen. „Das Warten hat ein Ende: Nun haben wir den nötigen Vorwand, uns an dem größten Feind des Islams (Israel) zu rächen“, schrieb die Tageszeitung Kejhan in einem Leitartikel. Laut noch unbestätigten Berichten sollen sich auch viele iranische Islamisten bereiterklärt haben, an der Seite syrischer Soldaten zu kämpfen. „Bei einem Krieg in Syrien wird Israel den Zorn der islamischen Welt schmerzhaft zu spüren bekommen“, sagt der Abgeordnete Mansur Haghighatpur.

An diesem Säbelrasseln wollen sich Ruhani und Sarif zwar nicht beteiligen, aber auch sie warnen vor den Konsequenzen eines westlichen Militäreinsatzes in Syrien. „Mit einem solchen Abenteuer würde man in dieser schon krisengeschütteten Region nur Öl ins Feuer gießen“, sagt Sarif.

Ruhani versucht nun, den Iran als diplomatischen Vermittler ins Spiel zu bringen. Die internationale Gemeinschaft müsse selbst nach den angeblichen Giftgasangriffen besonnen reagieren, „um in erster Linie die Lage zu beruhigen“, fordert der Präsident. Dabei sei Iran bereit, zu helfen und mit allen relevanten Seiten zu kooperieren. Sein Außenminister ist schon mal täglich im Kontakt mit seinen Amtskollegen: „Nur eine besonnene Diplomatie könnte jetzt die Region vor einer Spirale der Gewalt bewahren.“