Analyse: Doppelveto gegen Syrien-Resolution
New York (dpa) - Eine Überraschung war die Entscheidung nicht, ein Schock dennoch: Russland und China haben erneut eine Resolution zu Syrien blockiert, gegen eine große Mehrheit des UN-Sicherheitsrates.
Es war das dritte Doppelveto in gut neun Monaten.
Westliche Botschafter zeigten sich entsetzt und sprachen von inzwischen 17 000 Toten in Syrien. Russland warf dem Westen hingegen vor, einen Angriff auf Syrien vorzubereiten.
„Dieses Votum hätte nicht sein müssen“, sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin mit überdeutlich zur Schau gestelltem Bedauern. „Der Westen wusste, dass wir nicht zustimmen konnten. Denn diese Resolution hätte das Tor geöffnet für einen Einmarsch.“ Gleich dreimal redete Tschurkin von militärischen Plänen des Westens - obwohl sich die Resolution eindeutig auf Wirtschaftssanktionen beschränkt und militärische Schritte ausschließt.
Seine US-Kollegin Susan Rice reagierte bissig. „Trotz der Haltung einiger Mitglieder, die an eine Paranoia grenzt: Diese Resolution enthielt keinerlei militärische Komponente und ebnete auch nicht den Weg dazu.“
Der Westen ist sauer, dass Russland den Friedenshüter gibt, Syrien aber für Hunderte Millionen Euro mit Waffen versorgt hat. „Das Regime setzt schwere Waffen in Wohngebieten ein, foltert und unterdrückt und terrorisiert ganze Dörfer.“ Zudem steige die Sorge, dass Präsident Baschar al-Assad Giftgas einsetzt. „Das Veto ist eine Schande“, sagte Rice - und in Anspielung auf den Stadtteil in Manhattan, in dem die UN sitzen: „Das ist ein dunkler Tag in Turtle Bay.“
„Rechtmäßige Forderungen des syrischen Volkes wurden mit tödlicher Gewalt bekämpft“, sagte Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig. „Der Rat hätte Schlimmeres verhindern können.“ Sein französischer Kollege Gérard Araud wurde deutlicher: „17 000 tote Männer, Frauen und Kinder. Russland fehlt jeder Respekt vor den Menschenrechten.“ Moskau wolle nur Zeit gewinnen, damit das Regime die Opposition vernichten könne. „Sie haben gerade dafür gestimmt, dass Menschenrechte ungestraft mit Füßen getreten werden können. Aber die Geschichte wird beweisen, dass sie Unrecht haben.“
Großbritanniens Botschafter Mark Lyall Grant sagte, sie hätten „ein klares Signal an alle Parteien in Syrien senden wollen, dass sie sich an den Friedensplan halten müssen“. Aber: „Russland und China haben in ihrer Verantwortung versagt, eine Krise zu lösen und unseren Sondervermittler Kofi Annan zu unterstützen.“
In der Tat hatte Annan, ebenso wie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, eine Woche zuvor den Rat aufgerufen, seine eigenen Resolutionen auch durchzusetzen. Wenn sich eine Seite nicht an den vereinbarten Friedensplan halte, müsse das „Konsequenzen“ haben. Möglicherweise wird Annan bald nicht einmal mehr die Möglichkeit haben, das zu überprüfen: Die UN-Beobachtermission läuft an diesem Freitag (20. Juli) aus.