Analyse: Hoffnungsschimmer und vorsichtiger Optimismus in Athen
Athen (dpa) - Das wollte der griechische Vize-Finanzminister Christos Staikouras nicht länger für sich behalten: Minuten vor der Bekanntgabe von offizieller Seite in Brüssel trat er stolz vor die Presse und kündigte an, Griechenland habe 2013 einen primären Überschuss von 1,5 Milliarden Euro erzielt.
„Die Anstrengungen des griechischen Volkes tragen Früchte“, sagte Staikouras sichtlich erleichtert. Nun seien weitere Maßnahmen notwendig, damit das Land Wachstum erzielen könne, Arbeitsplätze geschaffen würden und „die soziale Kohärenz gesichert“ werde.
Die griechische Regierung macht seit Monaten keinen Hehl daraus, wie diese Maßnahmen aussehen sollen: Verlängerung der Zahlungsfristen und niedrigere Zinsen für die dem Land von den internationalen Geldgebern gewährten Hilfskredite. Darüber will Athen schon am 5. Mai bei der nächsten Tagung der Euro-Gruppe sprechen.
„Unsere Waffen sind stark“, sagt ein Funktionär des Finanzministeriums am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Man habe sich angestrengt und den mittlerweile berühmten primären Überschuss erreicht - also quasi ein operatives Plus im Staatshaushalt, unter Ausklammerung der Aufwendungen für den Schuldendienst. Nun sollten die Euro-Partner „etwas machen“, heißt es in Athen.
Den Griechen ist jedoch bewusst, vor kommenden Herbst ist nicht mit einer Entscheidung über Erleichterungen zu rechnen. Grund: Die Europawahlen stehen an. Auch die Koalitionsregierung der Konservativen mit den Sozialisten in Athen muss Wahlkampf betreiben. Regierungschef Antonis Samaras will in den kommenden Tagen einen neuen „Nationalen Plan“ vorlegen, mit dem die Wirtschaft angekurbelt und die drückende Arbeitslosigkeit abgebaut werden soll.
Denn die Stimmung in der griechischen Bevölkerung ist trotz der positiven Zahlen äußerst angespannt. Populistische und rechtsradikale politische Kräfte werden stärker. Mehr als jeder Vierte hat keinen Job. Fast 60 Prozent der jungen Leute sind arbeitslos. Mit anderen Worten: Athen ist lange nicht aus dem Schneider.
Das Ergebnis der Europawahl ist für den konservativen Regierungschef Samaras von entscheidender Bedeutung. Er hat im 300-Sitze-Parlament nur eine hauchdünne Mehrheit von 152 Abgeordneten. Gelingt ihm - sei es auch nur knapp - sie zu gewinnen, wird er seine Politik gestärkt fortsetzen können. Erringt das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken (Syriza) den Sieg bei den Eurowahlen, wird es für Samaras und seinem Koalitionspartner, den Sozialisten Evangelos Venizelos, brenzlig. Alexis Tsipras, der 39-jährige Chef der stärksten Oppostionspartei Syriza, hat die Europawahlen bereits zu einer Art Volksabstimmung darüber erklärt, ob es vorgezogene Wahlen geben soll.
Samaras spricht nun davon, dass die Anstrengungen des Volkes nicht durch eine Destabilisierung der politischen Lage infrage gestellt werden dürften. Und er macht den Griechen Mut: „Wir entfernen uns langsam von der Krise und legen die Fundamente für die Zukunft des Neuen Griechenland.“
Für die linke Opposition ist der nun erzielte Primärüberschuss nur Augenwischerei. Der Staat zahle viele seiner Rechnungen an den Privatbereich nicht. Zudem werde der Sozialstaat abgebaut. So könne man zwar nominell aber nicht real Überschüsse „erzeugen“.
Was ist der viel beachtete Primärüberschuss also wert? Die Euro-Retter sehen darin die Abkehr Griechenlands davon, immer neue Schulden zu machen. Doch Altschulden und Hilfskredite drücken weiter. Hinter vorgehaltener Hand wird in Athen immer wieder gesagt: Einen ausgeglichenen Staatshaushalt einschließlich Schuldendienst könne es frühestens Mitte der 20er Jahre des Jahrhunderts geben. „Wenn nicht noch später - nach 2030“, wie ein hoher Funktionär des Finanzministeriums sofort einschränkt.