Analyse: Israel schlägt in Syrien zu

Tel Aviv (dpa) - Bisher hat Israel versucht, sich aus dem blutigen Konflikt in Syrien herauszuhalten. Jetzt aber sollen israelische Kampfjets ein militärisches Forschungszentrum bei Damaskus zerbombt haben.

Das zumindest behaupten syrische Staatsmedien.

Aus westlichen Quellen hieß es hingegen, ein Fahrzeugkonvoi mit hochmodernen russischen SA-17-Flugabwehrraketen für die Hisbollah im Libanon sei in der Nacht zu Mittwoch angegriffen worden. „Eventuell wurden auch beide Ziele bombardiert“, sagte der israelische Sicherheitsexperte Schlomo Brom der Nachrichtenagentur dpa.

Israel schweigt wie immer eisern, setzte aber nach Angaben aus den USA Washington ins Bild. Eindeutiger als die Ereignisse ist auf jeden Fall die Botschaft: Keine syrischen Chemiewaffen oder moderne Flugabwehrraketen für die israelfeindliche Hisbollah im Südlibanon. Eine Parteinahme im innersyrischen Konflikt ist das nicht.

Angesichts der instabilen Lage im Nahen Osten, vor allem aber in Syrien und im Libanon, schrillten die Alarmglocken wegen des israelischen Eingreifens. Russland als einer der letzten Verbündeten Syriens reagierte mit „tiefer Besorgnis“. „Wenn die Informationen bestätigt werden, wäre dies ein grober Verstoß gegen die UN-Charta“, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Ein derartiger Angriff auf einen souveränen Staat sei „nicht hinnehmbar“.

Die israelische Zeitung „Jediot Achronot“ warnte sogar, die Gefahr eines „Flächenbrandes“ an Israels Nordgrenze sei seit dem Ende des zweiten Libanon-Krieges 2006 noch nie so groß wie jetzt gewesen.

Die Reaktionen der Akteure im Nahost-Konflikt deuten jedoch eher auf begrenzte Folgen hin, zumindest vorerst. Zwar waren Raketenabwehrsysteme vergangene Woche nach Haifa und Safed verlegt und die israelischen Streitkräfte unbestätigten Medienberichten zufolge in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden, aber weder Syrien noch die Hisbollah machten Anstalten für Vergeltungsschläge. Stattdessen rief die sonst um markige Worte nicht verlegene Hisbollah die internationale Gemeinschaft nur dazu auf, Israels Vorgehen zu „verurteilen“. Auch die Arabische Liga missbilligte erwartungsgemäß die Luftangriffe.

Am überraschendsten aber war die Reaktion des Irans, der eigentlichen Schutzmacht des Assad-Regimes und der Hisbollah: In Teheran herrschte zunächst einmal Funkstille. Dann wartete Außenminister Ali-Akbar Salehi mit dem Standardvorwurf auf, die „Terroristen“ in Syrien würden dieselben Ziele wie Israel verfolgen.

Noch vergangene Woche hatte das etwas mutiger geklungen: Jeder Angriff auf Syrien werde als ein Angriff auf den Iran gewertet, hieß es da. „Vielleicht ist ihnen klar geworden, dass sie Israel nicht von einem Eingreifen abschrecken konnten. Auf jeden Fall wird Teheran weder Israel noch den USA zum jetzigen Zeitpunkt einen Vorwand für einen Angriff auf sein Atomprogramm liefern wollen“, meinte der israelische Sicherheitsexperte Mark Heller im Gespräch mit dpa.

Israel will mit seinem Vorgehen offensichtlich nicht entscheidend in den innersyrischen Konflikt eingreifen, sondern nur gezielt angreifen, wenn es seine Interessen bedroht sieht. Es gehe um eine Politik der Prävention, schrieb „Jediot Achronot“. Das Vorgehen in Syrien weise Ähnlichkeiten zu Angriffen auf einen Waffenkonvoi oder ein Waffenlager im Sudan im vergangenen Oktober auf. Waffen für Feinde Israels sollten damit durch verdeckte Aktionen so früh und so fern der eigenen Grenzen wie möglich zerstört werden.

Das sei immer noch besser, als sie im Gazastreifen oder im Süd-Libanon mit Bodentruppen unschädlich zu machen, schrieb die Zeitung. Diese Strategie berge jedoch ein großes Risiko in sich: Dass die Tarnung auffliegt und ein Land wie Israel in einen Krieg hineingezogen werde, den es nicht wollte und dessen Kosten den Nutzen übersteigen.