Hintergrund: Interessen der einzelnen Akteure in Nahost
Istanbul/Teheran/ (dpa) - Berichte über einen israelischen Angriff in Syrien werfen ein Schlaglicht auf die explosive Lage im Dreiländereck Syrien, Libanon und Israel.
ISRAEL: Israel hat immer wieder die Sorge geäußert, syrische Chemiewaffen könnten in den Kriegswirren in die Hände der pro-iranischen libanesischen Hisbollah-Miliz oder von Al-Kaida-Verbündeten fallen. Medienberichten zufolge will Israel außerdem verhindern, dass die Hisbollah die Kontrolle über hochmoderne, aus Russland stammende Panzerabwehr- oder Flugabwehrraketen erlangt.
Solche Waffen könnten in einem künftigen Konflikt gegen Israel eingesetzt werden oder gegen israelische Flugzeuge, die in den libanesischen Luftraum eindringen. Israel hat Syrien mehrfach signalisiert, Waffenlieferungen an die Hisbollah würden als „rote Linie“ angesehen.
SYRIEN: Das nördliche Nachbarland Israels ist schon seit Jahren ein wichtiges Transitland für iranische Waffenlieferungen an die Hisbollah. Nach Einschätzung libanesischer Beobachter kommt der Nachschub für die Schiitenmiliz, die zuletzt 2006 Krieg gegen Israel geführt hatte, inzwischen ausschließlich via Syrien und auf dem Luftweg ins Land.
Das Regime von Präsident Baschar al-Assad hat aus seiner Allianz mit der Hisbollah und dem Iran jenseits der offiziellen Propaganda stets auch praktischen Nutzen gezogen, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. Teheran und der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, haben Assad nach Beginn des Aufstandes in Syrien im Jahre 2011 Kämpfer und Militärberater geschickt.
HISBOLLAH: Die libanesische Miliz steht im Syrienkonflikt fest an der Seite des Regimes von Baschar al-Assad. Hisbollah-Kämpfer unterstützen die Regierungstruppen tatkräftig. Allerdings haben der syrische Bürgerkrieg und seine Auswirkungen auf den Libanon auch die von der Hisbollah gestützte libanesische Regierung gefährlich ins Wanken gebracht.
Deshalb dürfte der „Partei Gottes“ die Einbeziehung Israels in den Konflikt nicht unrecht sein: Schließlich erreichten die Radikal-Islamisten als selbsternannte „einzige Kraft des Widerstands“ gegen die israelische Armee nach dem Libanonkrieg 2006 den Höhepunkt ihrer Popularität in der Arabischen Welt. Die Hisbollah hatte damals Tausende Raketen auf Israel abgefeuert.
IRAN: Teheran erkennt Israel nicht als legitimen Staat an. Die Spannungen eskalierten 2005, als Präsident Mahmud Ahmadinedschad eine „Ausradierung“ Israels androhte. Das Land hat mehrmals gewarnt, dass es einen israelischen Angriff auf seine Atomanlagen mit Raketenangriffen beantworten würde. Der Iran gilt als Mitbegründer der Hisbollah-Miliz. Obwohl Teheran behauptet, die militante Gruppierung nur politisch zu unterstützen, sind Irans finanzielle und militärische Unterstützung für die Hisbollah ein offenes Geheimnis.
Hauptgrund der iranischen Solidarität mit Damaskus sind Syriens anti-israelische Politik und logistische Hilfe für die Hisbollah. Syrien sei ein wichtiger Teil des „goldenen Ringes des Widerstands“ gegen Israel, heißt es aus Teheran. Daher betrachte die Regierung einen militärischen Angriff auf Syrien auch als Angriff auf den Iran.