Analyse: Merkel und Ackermann müssen Athen retten

Berlin (dpa) - Die Kanzlerin ist mit ihrer Rede vor Top-Bankern und Unionsabgeordneten gerade fertig. Da platzt die ersehnte Eil-Meldung mit dem Ja aus Athen herein: „Das ist eine wirklich gute Nachricht heute“, sagt Merkel sichtlich erleichtert.

Es wird viel geklatscht, auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann freuen sich.

Nachdem diese große Hürde für weitere Milliarden-Hilfen in Athen genommen ist, richten sich nun die Augen wieder auf Berlin. Dort steht die nächste Stunde der Wahrheit an. Seit Tagen feilschen Bundesregierung sowie deutsche Banken und Versicherer darum, private Gläubiger an einem zweiten Rettungspaket für Griechenland zu beteiligen und Kosten nicht allein den Steuerzahlern zu überlassen.

Frankreich, das sich lange gegen eine Einbindung privater Gläubiger sperrte, hat vorgelegt und einen möglichen Weg für eine freiwillige Laufzeitverlängerung griechischer Anleihen aufgezeigt. Im Kern geht es darum, dass ein Großteil des Geldes fällig werdender griechischer Staatsanleihen wieder in neue Schuldtitel investiert werden mit deutlich längerer Laufzeit. Die restlichen Gelder sollen in einen Fonds fließen, der höchste Bonitätsnoten genießt.

Das in Paris zwischen Regierung und Banken vereinbarte Modell wird auch von deutschen Instituten und Regierungsvertretern als Option für eine deutsche Lösung genannt. Mehr aber auch nicht. Optimisten hoffen dennoch, dass schon am Donnerstag beim Treffen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Branchengrößen weißer Rauch aufsteigt.

Skeptische Töne kommen wieder einmal vom Branchenprimus Deutsche Bank. Ackermann nutzt seinen Auftritt vor der CDU/CSU-Fraktion, um den Finger zu heben und vor einem Schnellschuss zu warnen - auch in Gegenwart der Kanzlerin. Die stößt just in dem Moment dazu, als der Top-Banker seine Warnungen erläutert. Kurz irritiert vom Beifall ruft „Joe“ Ackermann ihr zu, er habe gerade ein wenig ausgeholt. Merkels spitze Antwort: „Sagen Sie's einfach kurz und präzise.“

Als die CDU-Chefin anfängt zu reden, verlässt Ackermann das Podium und mischt sich unter die Zuhörer: „Ah, Herr Ackermann wollte mich lieber von unten sehen, ist ja auch schön“, frotzelt die Kanzlerin. Die Sticheleien sagen einiges darüber, wie schwierig die aktuellen Verhandlungen zur Gläubigerbeteiligung laufen und wie angespannt das Verhältnis zwischen Merkel und Ackermann ist.

Die Zeiten, als die beiden per Zuruf in einer Nachtsitzung ein Milliarden-Rettungspaket für die Kreditwirtschaft schnürten, sind vorbei. Ackermann kommt immer wieder auf die großen Risiken für die Banken zurück. „Ich gehe davon aus, Frau Bundeskanzlerin, dass wir die Hand bieten zu einer Lösung. Aber nicht, weil wir es gerne tun.“

Das lässt Merkel nicht auf sich sitzen. Sie erwartet, dass die Kreditwirtschaft sehr wohl und gerne die Geldtaschen aufmacht. Eine neue Weltfinanzkrise würde den gesellschaftlichen Frieden in vielen Ländern bedrohen - das sei ja wohl kaum im Interesse der Banken und ihrer Geschäfte.