Analyse: Mitgefangen gleich mitgehangen

Frankfurt/Main (dpa) - Griechenland ist vorerst gerettet. Doch der Preis ist hoch: Nicht nur Banken und andere private Investoren müssen auf viel Geld verzichten, auch Kleinsparer trifft der Schuldenschnitt hart.

Selbst diejenigen, die dem Forderungsverzicht von mehr als 50 Prozent nicht zugestimmt haben, sollen zur Kasse gebeten werden. Griechenland will alle Gläubiger mit Bonds nach griechischem Recht zum Umtausch zwingen.

Formal bedeutet der Umtausch alter Anleihen in neue Papiere einen Forderungsverzicht von 53,5 Prozent. Wegen längerer Laufzeiten und niedrigerer Zinsen ergeben sich aber weitere Belastungen für die Gläubiger. Ärgerlich dürfte der Zwangsumtausch vor allem für Anleger sein, die Papiere haben, die noch in diesem Jahr fällig werden. Sie hatten immerhin eine Chance, dass die Anleihen zu 100 Prozent zurückgezahlt werden. Das ist nun vorbei.

Jetzt bekommen sie Bonds mit einer Laufzeit von teilweise 30 Jahren mit einem Zinssatz, „der unterhalb des aktuellen Marktniveaus liegt und vielleicht gerade einmal für einen Inflationsausgleich reicht“, wie Finanzexpertin Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erklärt. Wehren könnten sich Kleinsparer kaum: „Sie müssten im Endeffekt prüfen lassen, ob das verabschiedete Gesetz gegen höherrangiges Recht wie die griechische Verfassung verstößt.“

Der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl, Präsident der European School of Management and Technology, warnt wegen der Zwangsumschuldung: „Damit könnten auch rechtliche Klagen auf Griechenland zukommen.“

Auch Verbraucherschützer Hermann-Josef Tenhagen rechnet damit, dass einige Anleger, die mit ihren griechischen Bonds einen Verlust erlitten haben, vor Gericht ziehen. Ein Grund sei möglicherweise, dass Griechenland die Klauseln zur Zwangsumschuldung erst rückwirkend eingeführt habe, sagt der Chefredakteur der Zeitschrift „Finanztest“. Die Kauseln - sogenannte Collective Action Clauses (CAC) - definieren eigentlich schon bei der Ausgabe von Wertpapieren Konditionen, die im Falle einer Pleite gelten. Anleger wissen also beim Kauf, worauf sie sich einlassen und können nicht im Nachhinein überrascht werden.

Probleme könnte auch eine möglicherweise unterschiedliche Behandlung einzelner Gläubigergruppen bereiten. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hatte Ende Februar für einheimische Kleinanleger bis 100 000 Euro ein kleines Fenster offengelassen. Die Regierung in Athen werde für die „Personen-Sparer“ Sorge tragen, erklärte der Minister. Experten betonen allerdings, dass bei den Umtauschbedingungen alle Gläubiger gleich gestellt wurden.

Die Hürden für Klagen sind aus Sicht von Verbraucherschützerin Oelmann ohnehin beträchtlich. Übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Kosten? Vor welchem Gericht muss geklagt werden? Wie finden Verbraucher einen Anwalt, der ihre Rechte vor Ort vertritt?

Nach Einschätzung Tenhagens hat das Interesse der Sparer an Staatsanleihen hierzulande bereits nachgelassen: „Das hat allerdings weniger mit den Griechenland-Turbulenzen als mit der vergleichsweise geringen Verzinsung von Bundesanleihen zu tun. Festgeld ist häufig attraktiver“.