Analyse: Saar-Wahlergebnis bringt SPD ins Grübeln
Berlin (dpa) - Der Beifall war ausgesprochen matt. Der obligatorische rote Blumenstrauß für Heiko Maas blieb unbeachtet. Die Enttäuschung über das ernüchternde SPD-Wahlergebnis an der Saar saß den Mitarbeitern in der Berliner SPD-Zentrale spürbar in den Knochen.
Auch der aus Saarbrücken angereiste SPD-Spitzenkandidat wollte sein Abschneiden nicht schönreden: „Ich wäre gern als künftiger Ministerpräsident gekommen“, rief er den SPD-Anhängern im Foyer zu. Über den Zuwachs von sechs Prozent könne man sich aber auch freuen.
Die Steilvorlage, die sich die Berliner SPD-Spitze für den Dreifach-Test zur Bundestagswahl zum Auftakt an der Saar gewünscht hatte, blieb jedenfalls aus. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, sei die Ausgangslage ungleich günstiger, sprachen sich Parteichef Sigmar Gabriel und andere Mut zu. Doch auch dort dürfe sich die SPD nicht allzu sicher sein, warnten andere. Ansonsten drohe wieder ein böses Erwachen.
Welche Konsequenzen die SPD-Spitze aus dem Saar-Resultat ziehen will, blieb zunächst noch unklar. Recht ratlos zeigte man sich, wie mit dem Aufstieg der Piraten umzugehen ist. Zunächst ging es bei der SPD aber um regionale Schadensbegrenzung. Gabriel und seine Generalsekretärin Andrea Nahles bügelten zugleich Versuche der Linkspartei ab, doch noch einen Keil in die Saar-SPD zu treiben und sie mit einem rot-roten Bündnis zu locken.
Der Bundes-Spitze der SPD sah schnell die Gefahr, dass nur ein leichtes Wackeln in diese Richtung verheerende Folgen für die eigenen Chancen hätte. Die Erinnerung an Andrea Ypsilantis Taktiererei in Hessen ist für viele immer noch ein Trauma.
Jetzt nur nicht hektisch werden, gab die SPD-Spitze als Devise aus. Denn trotz des Rückschlags vom Sonntag bleibt Gabriels Bilanz durchaus respektabel. Mit dem Saarland sitzt die SPD künftig in 11 von 16 Landesregierungen. In allen neun Wahlen seit seinem Amtsantritt vor gut zwei Jahren konnten Erfolge verbucht werden - entweder verteidigte die SPD die eigenen Bastionen, schaffte Machtwechsel in Hamburg und NRW oder sicherte sich zumindest die Regierungsbeteiligung. Mit dem Erfolg bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt vom Sonntag steht außerdem in acht der zehn größten deutschen Städte künftig ein Sozialdemokrat an der Spitze.
Trotzdem will sich die erwünschte Wechselstimmung im Bund bislang nicht einstellen, was in der SPD zunehmend für Unruhe sorgt. Hinter den Kulissen wird schon nachgedacht, ob die Kanzlerkandidatur nicht doch schon nach der NRW-Wahl geklärt werden sollte.
Bemerkenswerterweise ging Frank-Walter Steinmeier am Tag nach der Saar-Wahl dabei leicht aus der Deckung. Er habe kein Problem „mit schnellen Entscheidungen“, sagte der Fraktionschef der „Bild“-Zeitung und ließ gleich durchblicken, er sehe sich durchaus erneut im Rennen.
Berliner SPD-Spitzenkräfte treibt zudem auch die Furcht um, die absehbare große Koalition an der Saar werde Spekulationen über eine Wiederauflage im Bund neu befeuern. Für viele gibt sich vor allem Gabriel bislang zu wenig Mühe, offensiv für Rot-Grün 2013 zu werben.
Dies sehen auch die Grünen so: „Die SPD muss jetzt für die Bundestagswahl Farbe bekennen. Kämpfen wir für eine rot-grüne Alternative oder lässt die SPD ein Bündnis mit der CDU offen?“, fragte ihr Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck am Montag genervt. Für Beck stellt die SPD mit dem CDU-Bündnis an der Saar bereits „die Weichen auf zweitstärkste Kraft 2013“.