Analyse: Terrorbedrohung für Skandinavier immer akuter
Kopenhagen (dpa) - Mehrere Monate überwacht und dann kurz vor dem geplanten Anschlag zugegriffen: Dänische und schwedische Polizei wollen eine radikalislamistische Terrorzelle durch fünf Festnahmen in Kopenhagen und Stockholm unschädlich gemacht haben.
Als vorläufig einzigen handfesten Beweis nannten die Fahnder am Mittwoch eine beschlagnahmte Maschinenpistole samt Munition aus einer Wohnung am Stadtrand von Kopenhagen.
„Wir haben sie seit einigen Monaten unter Beobachtung gehabt“, sagte der Chef des schwedischen Geheimdienstes Säpo, Anders Danielsson, in Stockholm. Vor weniger als drei Wochen hatte völlig überraschend und ohne die geringste Vorahnung von Sicherheitsdiensten ein Selbstmordattentäter in Stockholm sich selbst in die Luft gesprengt. Nun schien die Bedrohung in Kopenhagen nicht minder groß. „So eine ernste Gefahr hatten wir noch nie“, meinte der dänische Justizminister Lars Barfoed. Nach seinen Angaben wollten die Tatverdächtigen „so viele Menschen wie möglich“ bei ihrem geplanten Anschlag gegen die Zeitung „Jyllands-Posten“ töten.
Das hatte wohl auch der Stockholmer Selbstmordattentäter vor, der am dritten Advent mit Sprengstoff bepackt durch den dicksten Weihnachtstrubel in einer Einkaufsstraße marschiert war. Dass er am Ende nur sich selbst tötete, war vor allem dem Glück zu verdanken, dass der größte Teil des Sprengstoffs nicht detonierte. Bei den fünf Festnahmen am Mittwoch schienen die skandinavischen Geheimdienste dagegen alles im Griff gehabt zu haben.
„Längerfristige Überwachung“ und „höchst effektive Zusammenarbeit“ zwischen dänischen und schwedischen Fahndern, so beschrieb der Kopenhagener Geheimdienstchef Jakob Scharf den Hintergrund für das Zuschlagen angeblich in letzter Minute: Erst in der Nacht zuvor waren drei der vier Festgenommenen aus Schweden über den Öresund nach Kopenhagen eingereist.
Auf welche Weise die Terrorverdächtigen in der Zeitungsredaktion von „Jyllands-Posten“ „so viele Menschen wie möglich umbringen wollten“, behielten die Verantwortlichen zunächst für sich. Für die Bürger formt sich aber auch so das Bild von massiv zunehmenden Bedrohungen durch Terroristen. Nachdem die islamkritische Zeitung „Jyllands-Posten“ 2005 ihre berühmt gewordenen zwölf Mohammed- Karikaturen veröffentlicht hatte, gab es erst eine Protestwelle in der islamischen Welt mit mehr als 150 Toten.
Danach wurde vor allem der „Jyllands-Posten“-Zeichner Kurt Westergaard bedroht - zuletzt vor fast genau zwölf Monaten, als ein Radikalislamist aus Somalia in sein Haus eingedrungen war und den Karikaturisten fast erschlagen hatte. Etwas verblüfft nehmen die Skandinavier jetzt zur Kenntnis, dass die Terrordrohungen sowohl Dänemark wie Schweden mit gleicher Härte treffen, obwohl beide Länder mit ihren Zuwanderern sehr unterschiedlich umgehen.
Während die Dänen seit zehn Jahren eine betont harte Linie in ihrer Ausländerpolitik verfolgen, gilt Schweden in Sachen Zuwanderungs- und Integrationspolitik als eines der letzten liberalen Länder Westeuropas.