Analyse: Um Medienzar Murdoch wird es einsam
New York (dpa) - Rupert Murdoch wirkt mitgenommen. Der Medienmogul sprüht eigentlich vor Tatendrang und man vergisst schnell, dass er bereits 80 Jahre alt ist.
Doch der Abhörskandal seines eingestellten Boulevardblatts „News of the World“ scheint ihn viel Kraft gekostet zu haben. Zwei seiner engsten Vertrauten mussten gehen, der Aktienkurs ist eingebrochen. Nun stellen sich immer mehr Beobachter die Frage: Wann tritt Murdoch selbst von der Bühne ab?
Über sechs Jahrzehnte hinweg hat er aus einem kleinen australischen Zeitungsverlag die milliardenschwere News Corporation mit Sitz in New York aufgebaut. Murdoch beeinflusst über seine Zeitungen und Fernsehsender die öffentliche Meinung ganzer Länder. In Großbritannien sehen viele in ihm den Königsmacher der Politik; auch so mancher US-Präsident dürfte ihm sein Amt mitverdanken.
Trotz seines Alters zieht Murdoch bis heute die Fäden in seinem Imperium, zu dem auch der Bezahlsender Sky Deutschland gehört. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg stellen nun aber die ersten Mitglieder des Verwaltungsrats die Frage, ob die News Corp. richtig auf die Krise reagiert habe - und ob nicht ein Führungswechsel notwendig sei. Bloomberg nennt sogar die Namen der vermeintlichen Aufrührer.
Murdoch selbst findet, sein Unternehmen habe die Krise „extrem gut gehandhabt“, und es seien noch keine Schäden entstanden, „die nicht repariert werden könnten“. Seine Kritiker werfen Murdoch laut Bloomberg jedoch vor, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen. In Großbritannien und den USA ermittelt die Polizei. Murdoch selbst muss an diesem Dienstag vor einem Parlamentsausschuss in London aussagen. Und der Börsenwert der News Corp. ist seit dem Hochkochen des Skandals um satte sechs Milliarden Dollar geschmolzen.
Murdoch müssen Angriffe aus dem eigenen Hause wie Verrat vorkommen. Obwohl die News Corp. an der Börse notiert ist, führt der Patriarch den multinationalen Konzern wie ein Familienunternehmen. Im Verwaltungsrat sitzen seine Söhne James und Lachlan. Seine Tochter Elisabeth soll ebenfalls in das höchste Gremium einziehen. Der alte Murdoch kann schalten und walten wie er will, weil rund 38 Prozent der Stimmrechte in seiner Hand liegen. Kein anderer Aktionär ist auch nur annähernd so mächtig wie er.
Doch Murdoch hat treue Mitstreiter verloren: Zuerst die britische Verlagschefin Rebekah Brooks und dann Les Hinton, zuletzt unter anderem für das „Wall Street Journal“ zuständig. Besonders dieser Verlust dürfte Murdoch geschmerzt haben. „Les ist mit 15 Jahren ins Unternehmen gekommen und hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, mir zum Mittag Sandwiches zu besorgen“, schrieb Murdoch zu Hintons Abschied. Das war bei Murdochs erster Zeitung im australischen Adelaide. Hinton ist heute 67.
Wenn es nach so manchem Aktionär geht, sollte auch Murdoch in Rente gehen. Doch wer könnte dem Altmeister folgen? Vielleicht eines seiner Kinder? Der älteste Sohn Lachlan (39) ist vor sechs Jahren Knall auf Fall als aktiver Manager bei der News Corp. ausgeschieden - angeblich im Streit. Sein jüngerer Bruder James (38), der bisher als Kronprinz galt, steht als Europachef im Zentrum des Skandals. Am 28. Juli könnte er sogar seinen Posten als Aufsichtsratschef der Senderkette BSkyB verlieren.
Bliebe noch Tochter Elisabeth (42), die in britischen Zeitungen schon als Wunschkandidatin ihres Vaters gehandelt wird. Sie hatte ihre eigene Fernsehproduktionsgesellschaft Shine erst vor wenigen Monaten für satte 675 Millionen Dollar an die News Corp. verkauft. Bisher allerdings hat Rupert Murdoch keinerlei Anstalten gemacht, das Feld zu räumen.