Analyse: Viel Krisen-Frust und ein bisschen Gesprächsbereitschaft

München (dpa) - Der iranische Außenminister Ali-Akbar Salehi machte nicht den Eindruck, es mit der Lösung des seit 2002 laufenden Streits über das Atomprogramm seines Landes besonders eilig zu haben.

„Zehn Jahre sind nicht wirklich viel“, erklärt er am Sonntag seinem hochkarätigen Publikum im Münchner Nobelhotel Bayerischer Hof. Der Iran, das frühere Persien, sei schließlich ein Land mit einer Geschichte von mehreren tausend Jahren.

Salehi ist im Atomstreit mit dem Westen ein Mann der ersten Stunde. Als vor gut zehn Jahren die Existenz von bis dahin geheim gehaltenen Atomanlagen bekannt wurde, leitete er die iranische Atomenergiebehörde. Geändert hat sich in der Auseinandersetzung seitdem eigentlich nichts. Der Westen wirft dem Iran immer noch vor, eine Atombombe bauen zu wollen. Und der Iran bestreitet das.

In München saß Salehi auf dem Podium der Sicherheitskonferenz wie ein Angeklagter, der lieber zum Gegenangriff ausholt als sich zu verteidigen. „Woher wissen Sie denn eigentlich, dass das iranische Atomprogramm nicht friedlich ist?“, sagte er. „Wer hat denn die Beweislast: der Kläger oder der Angeklagte?“

Am Tag zuvor hatte US-Vizepräsident Joe Biden dem Iran ein Angebot gemacht: Direkte Verhandlungen zwischen Teheran und Washington - aber nur, wenn der Iran es erst meint. So etwas hat es seit zehn Jahren nicht gegeben.

Wer auf dem diplomatischen Parkett die ausgestreckte Hand von vorneherein zurückweist, hat verloren. Also zeigte sich auch Salehi gesprächsbereit, stellte aber hurtig Bedingungen: „Es ist widersprüchlich, wenn Sie auf der einen Seite mit dem Iran über Atomfragen verhandeln wollen und auf der anderen Seite drohend reden und Druck ausüben - das ist nicht miteinander vereinbar.“ Ein klarer Hinweis auf die Sanktionen, die dem Iran massiv zu schaffen machen. Wie ernst beiden Seiten ihre Gesprächsbereitschaft ist, wird sich zeigen.

So gut wie keine Bewegung gab es in München in der Syrien-Krise, die bereits vor einem Jahr hier Hauptthema war. Damals hatten China und Russland eine Resolution im UN-Sicherheitsrat blockiert. An der Spaltung der Staatengemeinschaft hat sich seitdem nichts geändert. Russland bleibt Schutzmacht Syriens, hat weiterhin China und den Iran auf seiner Seite - und praktisch den Rest der Welt gegen sich.

Bei der diesjährigen Konferenz gab es zwar viele, viele Gespräche zwischen beiden Seiten, aber keine neue Hoffnung auf eine Lösung. Es herrscht Ratlosigkeit. Wie verfahren und unübersichtlich die Lage in dem arabischen Land inzwischen ist, machte Verteidigungsminister Thomas de Maizière deutlich. Er habe zwar allerlei Erkenntnisse über den Konflikt, sagte er. Und fügte hinzu: „Aber ich fühle mich trotz allem außer Stande, eine gute Aussage über die tatsächlichen Machtverhältnisse und den Ablauf des Bürgerkriegs zu machen.“

Die guten Nachrichten waren also wieder Mangelware auf der Sicherheitskonferenz, die sich nun schon seit fast 50 Jahren mit den Kriegen und Krisen dieser Welt beschäftigt. Bei den deutschen Teilnehmern kam vor allem eine Botschaft gut an. Die Versicherung von US-Vizepräsident Biden, dass Europa für Washington auch künftig der Partner Nummer eins vor Asien bleibt: „Sie bleiben unsere ältesten und unsere engsten Verbündeten.“ Quasi als Freundschaftsbeweis sprach sich Biden für eine transatlantische Freihandelszone aus.

In vielen anderen Punkten blieb Biden, vor der Konferenz als eine Art Stargast gehandelt, ziemlich vage. Der Grund liegt auf der Hand: Am 13. Februar wird US-Präsident Barack Obama in Washington das Programm für seine zweite Amtszeit vorstellen. Mit Blick auf diesen Termin sagte Biden: „Als Vizepräsident habe ich gelernt, dass es nicht gut ist, dem Präsidenten den Wind aus den Segeln zu nehmen.“