Analyse: Wenig Hoffnung auf Lösung der Ukraine-Krise
Wiesbaden (dpa) — Die Fronten zwischen Russland und dem Westen bleiben in der Ukraine-Krise verhärtet, ein Ausweg ist nicht in Sicht.
Das zeigten auch die deutsch-russischen Schlangenbader Gespräche am Dienstag, selbst wenn sie mit einer konstruktiven Frage begannen: „Sind gemeinsame Anstrengungen von Europäischer Union und Russland möglich, um die Ukraine zu retten?“, fragte der Moskauer Politikwissenschaftler und Co-Gastgeber Alexander Dynkin in dem Taunuskurort bei Wiesbaden. Doch die etwa 70 Politiker, Militärs und Sicherheitsexperten beider Seiten, die jedes Frühjahr in Schlangenbad tagen, fanden nur Bruchstücke von Antworten.
Etwa 1500 Kilometer weiter im Osten der Ukraine hielten bewaffnete prorussische Aufständische weiter Gebäude besetzt, internationale Militärbeobachter waren in ihrer Hand. Nur das Ende russischer Manöver an der ukrainischen Grenze wurde als Signal einer gewissen Entspannung begrüßt.
Der Ukraine-Konflikt sei „ungleich tiefer und schwerer als alle anderen Krisen seit dem Ende des Kalten Krieges“, sagte der deutsche Gastgeber Hans-Joachim Spanger von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Immerhin kann man in Schlangenbad vertraulich über solche Konflikte reden. Es sind zwischen Deutschland und Russland nicht viele derartige Gesprächsforen geblieben. In der Abgeschiedenheit von Schlangenbad haben zuletzt CDU und Grüne in Hessen ihr Bündnis ausgehandelt.
Ein Vertreter des russischen Sicherheitsapparates hielt dem Westen das Sündenregister gescheiterter Interventionen vor - von Afghanistan und Irak über Libyen bis Syrien und der Ukraine. „Ist in einem dieser Länder Demokratie eingeführt worden, sterben dort jetzt weniger Menschen?“, fragte er. Ein Deutscher konterte mit der Krim: „Ich halte die Annexion der Krim nicht für völkerrechtskonform.“
Was der Kreml in der Ukraine erreichen will, fasste ein Moskauer Beobachter so zusammen: eine Föderalisierung des Landes, um den Osten und Süden zu kontrollieren; dazu eine handzahme Regierung in Kiew und Blockfreiheit des ganzen Landes. Bis diese Fragen geklärt seien, werde Russland Wahlen in der Ukraine zu verhindern suchen. Damit würde der Termin der Präsidentenwahl am 25. Mai wackeln. „Die Versuche der Destabilisierung werden noch zunehmen.“
Bislang halten die ukrainische Übergangsregierung wie der Westen an dem Wahltermin fest, um wieder eine rechtmäßige Führung in Kiew zu bekommen. Aber auch ein deutscher Experte brachte eine Verschiebung ins Gespräch. Es sei nicht sinnvoll, auf eine Wahl zuzusteuern, an der ein großer Teil der Ukraine nicht teilnehmen werde.
Möglichkeiten für gemeinsames diplomatisches Handeln gibt es durchaus. Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), plädierte am Dienstag dafür, die Verhandlungen von Genf fortzusetzen. Dort hatten sich vor Ostern die Ukraine, Russland, EU und USA unter anderem darauf geeinigt, dass alle bewaffneten Gruppen entwaffnet werden. Bislang ist dies nicht geschehen. Die Vereinten Nationen und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) müssten einen solchen Prozess überwachen, sagte ein Teilnehmer in Schlangenbad.
Gerade die deutsche Seite appellierte bei dem Treffen an die Ukraine, ihr Schicksal endlich verantwortlich selbst in die Hand zu nehmen: „Man muss erreichen, dass dieses große Land von sich aus Tritt fasst.“