Anwalt Grasel fordert Abberufung seiner Kollegen
München (dpa) - Nach der Verlesung der Aussage von Beate Zschäpe im Münchner NSU-Prozess ist am Mittwoch der seit langem schwelende Streit innerhalb ihrer Verteidigung offen ausgebrochen.
Zschäpe-Neuverteidiger Mathias Grasel warf seinen Kollegen Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm vor, sie hätten sich ihrer Mandantin gegenüber „bewusst schädigend“ verhalten. Heer, Stahl und Sturm wiesen das umgehend zurück.
Grasel kleidete seinen Vorwurf in einen Antrag an das Gericht, in dem er verlangte, die Bestellung von Heer, Stahl und Sturm als Pflichtverteidiger Zschäpes zu widerrufen. Die „ordnungsgemäße Verteidigung“ Zschäpes sei „ernsthaft gefährdet“. Das Vertrauensverhältnis sei „endgültig und nachhaltig erschüttert“.
An der Aussage Zschäpes seien seine drei Kollegen nicht beteiligt gewesen, sagte Grasel. An dieser Stelle nickten Heer, Stahl und Sturm deutlich sichtbar und zustimmend. Alle drei hatten immer wieder betont, sie hielten es für falsch, wenn Zschäpe im Prozess etwas sage.
Die Schweigestrategie habe aber, so Grasel, nie Zschäpes Wunsch entsprochen. Er verwies auf eine Bemerkung Zschäpes kurz nach ihrer Festnahme im November 2011, als sie einem Polizisten sagte, sie habe sich „nicht gestellt, um nicht auszusagen“. Demgegenüber hätten Heer, Stahl und Sturm die Angeklagte unter Druck gesetzt und ihr beispielsweise geschrieben, eine „Erklärung zur Sache“ sei „prozessualer Selbstmord“. Zschäpe habe sich außerstande gesehen, gegen den Widerstand ihrer Anwälte dennoch vor Gericht auszusagen.
Grasel warf den drei Altverteidigern Zschäpes zudem vor, sie verhielten sich ihm gegenüber „unkooperativ und unkollegial“. So habe er vergeblich versucht, Mitschriften früherer Prozesstage von ihnen zu bekommen. Grasel wurde erst im August 2015 als vierter Pflichtverteidiger Zschäpes bestellt. Die Beweisaufnahme hatte er bis dahin nicht verfolgt.
Heer, Stahl und Sturm kündigten an, an einem der nächsten Termine ausführlich auf Grasels Vorwürfe zu antworten.