Asylkosten: Bund reagiert überrascht auf Länder-Forderungen

Berlin (dpa) - Trotz eindringlicher Hilfsappelle der Länder will sich der Bund im Streit über die Verteilung der Asylkosten nicht drängeln lassen. Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die finanziellen Forderungen der Länder.

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Der Bund habe bereits eine Milliarde Euro Unterstützung zugesagt, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin. Zudem sei erst Mitte Juni eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern vereinbart worden, die bis zum Herbst Vorschläge zum weiteren Vorgehen vorlegen soll. Die Länder machen angesichts rasant wachsender Ausgaben für die Flüchtlingsversorgung aber zunehmend Druck auf den Bund.

Die Zahl der Asylbewerber wächst seit Monaten rapide. Bis zum Jahresende rechnen die Behörden mit mindestens 450 000 Asylanträgen. Auf die 16 Bundesländer rollt eine Kostenlawine für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge zu. Die Ausgaben für Asylbewerber werden sich in diesem Jahr voraussichtlich mehr als verdoppeln - von etwa 2,2 Milliarden Euro 2014 auf nun mindestens 5 Milliarden Euro, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei allen Landesregierungen ergab.

Der Bund will seine für 2016 geplante Zahlung von 500 Millionen Euro an Länder und Kommunen auf das laufende Jahr vorziehen und damit auf eine Milliarde Euro verdoppeln. Ab 2016 will sich der Bund dauerhaft an den Kosten beteiligen, gekoppelt an die Zahl der Flüchtlinge. Nähere Entscheidungen dazu sollen erst im Herbst fallen.

Die Länder meldeten aber bereits in den vergangenen Tagen großen finanziellen Bedarf an. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gab Bundesmittel in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich als Zielmarke aus. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sagte in Berlin, diese Summe erscheine seiner Partei „sehr realistisch“.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) plädierte dafür, eine Pro-Kopf-Pauschale festzusetzen. Wenn die Flüchtlingszahlen nach oben gingen, müsse das auch für die Hilfe des Bundes gelten, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Auch die Opposition verlangte mehr Engagement vom Bund. Die Linke mahnte, statt bis zum Herbst zu warten, müsse die Kostenfrage jetzt geklärt werden.

Der Sprecher des Innenministeriums hielt dagegen, so kurz nach den Absprachen von Mitte Juni sorgten die lautstarken Äußerungen der Länder ein wenig für Überraschung.

Aber es richten sich auch andere Forderungen an den Bund. Nordrhein-Westfalen verlangte eine Öffnung ungenutzter Bundeswehr-Kasernen zur Flüchtlingsunterbringung. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte zuvor angeregt, dass die Bundeswehr auch bei der Versorgung der Schutzsuchenden helfen könnte.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte „maximale Kulanz“ bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Kasernen und Zelten der Bundeswehr zu. „In dieser Situation muss man so hilfreich wie irgendmöglich sein“, sagte sie auf einem Flug nach Mali vor Journalisten. Den Einsatz von Soldaten zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften kommt für von der Leyen aber nicht infrage: „Ein Einsatz im Inneren ist ausgeschlossen. Wir haben keinen Katastrophenfall.“ Das Grundgesetz lässt Bundeswehreinsätze im Inneren nur zu, wenn die Polizei sie bei Katastrophen um Amtshilfe bittet.

Der Städte- und Gemeindebund plädierte angesichts der Vielzahl an Asylbewerbern vom Balkan dafür, die Visapflicht für diese Staaten wieder einzuführen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sprach sich im Radiosender hr-Info dafür aus, Geldleistungen für Asylbewerber zu streichen, um keine falschen Anreize zu setzen.

Auch steht weiter zur Diskussion, neben Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zusätzliche Balkan-Staaten als „sichere Herkunftsländer“ einzustufen, damit Behörden Asylbewerber von dort einfacher in ihre Heimat zurückschicken können. Die Union fordert das seit langem. Auf Landesebene zeigten sich zuletzt auch SPD-Politiker gesprächsbereit. Nach den Worten von Parteivize Schäfer-Gümbel ist die SPD im Bund nun ebenfalls offen, darüber zu reden.

In den vergangenen Tagen und Wochen war es regelmäßig zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte gekommen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft schlug vor, Asylbewerberheime - ähnlich wie Parlamentsgebäude - mit Bannmeilen vor gewaltbereiten Demonstranten zu schützen.