Auf Tuchfühlung mit der „Lügenpresse“
Dresden (dpa) - Er wirkt fast gelassen. Für einen Menschen, dem Islamisten nach dem Leben trachten sollen, macht Pegida-Gründer Lutz Bachmann einen wenig aufgeregten Eindruck, als er bei der ersten Pressekonferenz seiner Bewegung in Dresden aufs Podium tritt.
Ihm gegenüber, hinter einer Wand aus Mikrofonen und Kameras, mehr als 80 Vertreter deutscher und internationaler Medien. Bei den Kundgebungen von Pegida-Anhängern häufig als „Lügenpresse“ verschrien, sollen sie nun erfahren, wie es mit der islamkritischen Bewegung weitergeht.
„Das ist kein Sinneswandel“, sagt Kathrin Oertel, die zusammen mit Bachmann die Konferenz führt, noch etwas unsicher. Der 36-jährigen Pegida-Sprecherin mit den langen blonden Haaren fehlt die Erfahrung. Für das Schimpfwort „Lügenpresse“ gebe es Gründe. So hätten Medien die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) von vornherein abgewertet und diffamiert, sagt sie. Dennoch sei Pegida dialogbereit. „Wir hoffen, dass es auch wieder eine Zeit in Deutschland gibt, wo die Presse objektiv berichtet.“ Dabei müsse die Nachricht vom Kommentar zu unterscheiden sein.
Politisch Konkretes, über das zu berichten wäre, gibt es bei der Pressekonferenz wenig. Bachmann liest sechs bereits bekannte Forderungen vor - etwa die nach qualifizierter Zuwanderung und der konsequenten Abschiebung von Islamisten. „Wir sind keine Politiker“, sagt Oertel, wenn sie dann nach Inhalten gefragt wird. „Wir sind eine Bürgerbewegung. Wir geben nur den Anstoß.“ Den Rest müssten die Politiker richten. „Wir wollen keine Revolution. Wir wollen ein anderes Verhältnis zwischen Politik und Volk.“
Pegida werde weiter auf Missstände aufmerksam machen, um die sich dann die, „die dafür bezahlt werden“, kümmern müssten, meint Bachmann und kündigt weitere Forderungen an. „Die sechs sind noch lange nicht das Ende.“ Schon am kommenden Montag werde es wieder einen sogenannten Abendspaziergang geben, so die Sicherheitslage es erlaube, sagt der 41-Jährige, der wegen konkreter Morddrohungen unter Polizeischutz steht.
Den Vorwurf, dass sich viele Ausländer in Dresden montagabends wegen der Pegida-Demos nicht mehr auf die Straße trauten, lässt er nicht stehen. „Es gibt keinen Grund für irgendjemanden in der Stadt, Angst zu haben.“ Natürlich gebe es unter den Tausenden Demonstranten auch „fremdenfeindliche Menschen“, räumt er ein. Aber davon distanziere Pegida sich. Zustände wie in Berlin-Neukölln wolle man in Dresden aber nicht. Und dass es dort nicht zu Protesten komme, „ist aufgrund der Bevölkerungszusammensetzung zu erklären“, sagte er mit Blick auf den hohen Ausländeranteil in dem Berliner Stadtteil.
Bei der Pegida-Führung handele sich eben nicht um rhetorisch versiert zum Fremdenhass aufstachelnde Profis, wie sie in manchen Medien dargestellt würden, sagt der Dresdner Politologe Werner J. Patzelt nach der Pressekonferenz. „Sondern um ziemlich normale Menschen, die überrascht sind von dem, was sie angestoßen haben, und die von ihrer politischen Rolle überfordert sind.“
Am Schluss ist es dann wie im Film: Schwer bewacht von Personenschützern der Polizei entschwindet Bachmann in einem schwarzen Geländewagen. Er lächelt, wirkt gelassen. Den Rummel um die eigene Person scheint er zu genießen.