Bericht: Geteiltes Echo in Liberia

Monrovia (dpa) - Der Friedensnobelpreis für Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf ist für viele Menschen in Liberia ein Hoffnungsschimmer. Aber „Mama Ellen“ ist in dem armen westafrikanischen Land nicht unumstritten.

Während die Welt die neue Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf feiert, verkauft die 24-jährige Amy Krupeh in einem Slum der liberianischen Hauptstadt Monrovia T-Shirts. Sie verdient auf dem Markt in Westpoint etwa drei US-Dollar (etwa zwei Euro) am Tag. Nein, die Nachrichten hat sie heute noch nicht gehört, sagte Krupeh. Sie wusste noch nichts von dem Friedenspreis, den ihre Präsidentin gemeinsam mit zwei anderen Frauenrechtlerinnen gewonnen hatte.

Aber überrascht ist Krupeh nicht. „Mama Ellen“, wie Johnson-Sirleaf von vielen Liberianern genannt wird, verdiene die prestigeträchtige Auszeichnung. „Mama Ellen hat so hart dafür gearbeitet, dass der Frieden in Liberia hält“, meinte die Verkäuferin. „Deswegen freue ich mich sehr, dass sie diesen internationalen Preis gewonnen hat. Die Welt wird Liberia nun ernster nehmen.“

Auch Krupeh hat bei den Wahlen im Jahr 2005 für Johnson-Sirleaf gestimmt. Damals stand das von freigelassenen Sklaven gegründete Liberia nach 13 Jahren Bürgerkrieg am Rande des Ruins. Mehr als 200 000 Menschen waren ums Leben gekommen. Weit über eine Million wurden vertrieben.

Ein paar Straßen weiter in Monrovias Elendsvierteln ist auch die Frauenrechtsaktivistin Nelly Cooper Slebo vorsichtig optimistisch. „Wenn wir jetzt eine Präsidentin haben, die von der Welt geliebt wird, dann gibt dies ein gutes Bild von Liberia“, meinte sie. „Ich unterstütze sie zwar, aber sie ist nicht perfekt. Sie hat auch Fehler gemacht.“ Die Präsidentin werde wohl kaum ihren Präsidentenpalast verlassen und eigenhändig den Kampf gegen die Korruption anführen, sagte sie. „Ihre Minister müssen auch ihren Job tun. Und wir, die Menschen in Liberia, müssen weiter für ein besseres Liberia kämpfen.“

Die Verleihung des Friedensnobelpreises habe keinen Einfluss auf das tägliche Leben der meisten Liberianer, entgegnete jedoch George Payne, ein Unterstützer der Oppositionsparteien. „Sie hat vielleicht diesen großen Preis gewonnen, aber hier in Liberia bedeutet das nicht so viel“, sagte er. Es gehe nicht darum, die Welt zu beeindrucken, sondern die Menschen in Liberia. „Und wir, die Jugend, für uns gibt es nicht genug Jobs. Ich bin nicht sicher, ob Ellen wirklich dieser große Star ist, den die Welt in ihr sieht.“

In nur wenigen Tagen stellt sich die 72 Jahre alte Präsidentin der Wiederwahl. Der Friedensnobelpreis mache ihre Arbeit für eine Versöhnung nach den vielen Konflikten im Land leichter, sagte Johnson-Sirleaf vor Reportern in Monrovia. Für sie ist der Preis eine „Anerkennung des Kampfes von allen Menschen in Liberia für Gerechtigkeit und Demokratie“.

In Westpoint ist bei manchen trotz des Friedensnobelpreises die Enttäuschung über mangelnde Fortschritte groß. „Als Ellen Johnson-Sirleaf im Jahr 2005 an die Macht kam, dachte ich, sie sei ein neuer Nelson Mandela“, sagte der 22-jährige Ben Saly. „Aber sie war es nicht und nächste Woche werde ich einen anderen wählen“, sagte der arbeitslose Jugendliche. Mitglieder der Opposition fürchten auch, dass der Preis aus Oslo die Wahlen am Dienstag beeinflussen könnte.

Für die Fans von „Mama Ellen“ ist der Friedensnobelpreis jedoch nur eine weitere Bestätigung. „Jetzt ist die Präsidentin wirklich berühmt“, schwärmte etwa Elizabeth Sayeh. Sie nannte ihre im Jahr 2005 geborene Tochter „Ellen Johnson-Sirleaf“. „Sehen Sie sich meine Tochter an. Sie ist so stark und gesund, dank der Präsidentin, die die Gesundheitsversorgung hier in Westpoint verbessert hat. Vor allem für uns Frauen“, erzählte sie. „Ich habe die Präsidentin viel zu gern.“