Berlin fordert von Athen Vertragstreue
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung pocht gegenüber der künftigen griechischen Regierung auf Erfüllung der eingegangenen Spar- und Reformzusagen.
Man erwarte von der griechischen Regierung - „egal wer sie stellt - dass die mit der EU getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden“, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Nach der Debatte vom Wochenende über den Verbleib des Schuldenlandes in der Eurozone betonte er: „Ziel der gesamten Bundesregierung, der EU und der Regierung in Athen selbst ist es, Griechenland in der Eurozone zu halten.“ Der SPD-Vorsitzende versicherte: „Es gab und gibt keine gegenteiligen Pläne.“
Drei Wochen vor der Neuwahl war am Wochenende eine Diskussion über einen Euro-Austritt des Krisenlandes entbrannt. Nach einem „Spiegel“-Bericht hält die Bundesregierung dies inzwischen für verkraftbar. Dementiert wurde das weder vom Kanzleramt noch vom Finanzministerium. Allerdings bestritt ein Regierungssprecher, dass das eine Kursänderung in der deutschen Politik bedeute.
Gabriel sagte, die Eurozone sei heute wesentlich stabiler und widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren. „Deshalb sind wir übrigens auch nicht erpressbar“, betonte er in Richtung Athen.
Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder fordert ein Beibehalten des Sparkurses: „Für mich ist klar, es gibt keinen Schuldenerlass und keine Rabatte, nur weil jetzt eine neue Regierung kommt“, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Es wird keine Lex Griechenland geben.“ Zugleich warnte er vor voreiligen Schritten. Zwar habe er einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone schon früher nicht als „Schreckensszenario“ empfunden. „Man hat sich aber damals bewusst für einen anderen Weg entschieden. Den muss man zunächst seriös weiter beschreiten.“
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte der „Welt“ (Montag): „Wenn die Griechen unter einem möglichen Regierungschef Tsipras wieder zum alten Schlendrian zurückkehren wollen, dann sollen sie das machen, das ist eine souveräne Entscheidung des griechischen Volkes - aber dann wird es keine Hilfen der EU mehr geben.“
Aus Sicht des CDU-Haushaltspolitikers Norbert Barthle wären die Risiken eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone überschaubar. „Wir haben jetzt höhere Brandmauern. Die Ansteckungsgefahr im Falle eines Austritts auf andere Länder ist nicht mehr so hoch“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). Grundsätzlich sei man aber an einem Verbleib der Griechen im Euroraum interessiert. Diese hätten es selbst in der Hand: „Solidarität gibt es nur gegen Solidität.“
Der Freiburger Wirtschaftsweise Lars Feld vertrat in der „Badischen Zeitung“ ebenfalls die Ansicht: „Die Ansteckungseffekte für die Eurozone wären gering.“
Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte der „Stuttgarter Zeitung“, er halte einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone „inzwischen für verkraftbar“.
Dagegen warnte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag): „Ein Griechenland-Austritt aus dem Euro würde den Bundeshaushalt schwer belasten und die fragile wirtschaftliche Lage in der Eurozone weiter beschädigen.“ Der Chef des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, warnte in der „Rheinischen Post“ ebenfalls: „Ein Austritt wäre mit erheblichen Risiken behaftet, vor allem für Griechenland selbst, aber auch den Rest der Eurozone.“