Panik in Paris Blutige Messerattacke schockiert Amüsierviertel

Paris (dpa) - Schreie, flüchtende Menschen, heulende Polizeisirenen: In Paris herrscht wieder Terroralarm. Dieses Mal trifft es ein beliebtes Geschäfts- und Ausgehviertel im Herzen der Hauptstadt unweit der historischen Garnier-Oper.

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Ein mutmaßlicher Islamist bedroht Menschen mit einem Messer und ruft laut Zeugenaussagen „Gott ist groß“ auf Arabisch.

Ein 29-Jähriger wird brutal aus dem Leben gerissen, vier weitere Menschen werden verletzt, unter ihnen ist ein Luxemburger. Viele sind nach dem Anschlag schockiert, können es nicht fassen. Jonathan, ein Kellner eines koreanischen Restaurants, erzählt dem Radiosender Franceinfo: „Ich sehe ihn wieder durch die Straße laufen (...), die Hände voller Blut, mit seinem Messer in der Hand.“

Das Viertel ist auch abends belebt, es locken Theater, Bars, Restaurants. Hier gründete der aus Deutschland stammende Operettenkönig Jacques Offenbach Mitte des 19. Jahrhunderts das immer noch berühmte Theater „Bouffes Parisiens“.

Die Polizei war nach dem ersten Notruf am Samstagabend ganz schnell da, neun Minuten dauerte es, bis der Täter gestoppt werden konnte. Die Beamten verhinderten damit Schlimmeres, wie Premierminister Édouard Philippe später bilanzierte. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die schon mehrfach in Frankreich zugeschlagen hatte, nahm den Angriff für sich in Anspruch. Pariser Anti-Terror-Spezialisten ermitteln.

Der aus Tschetschenien stammende Angreifer rannte mit seinem Messer laut Zeugen auch auf die Polizisten zu. Ein Beamter habe ohne Erfolg versucht, den Täter per Elektroschockgerät zu stoppen. Dann habe ein anderer Polizist zwei Mal geschossen. Eine Frau erzählt dem Sender BFMTV, dass sie mit Freundinnen im Außenbereich eines Lokals saß, als sie Schüsse gehört habe. „Dann gab es einen Tumult. Die Kellner sagten, dass wir uns in Sicherheit bringen sollten.“

Eine Augenzeugin aus Deutschland, die weniger als einen Meter vom Täter entfernt stand, berichtete der Deutschen Presse-Agentur, der Mann habe mit dem blutigen Messer in der Hand auf eines seiner Opfer am Boden gestarrt. Er habe einen irren Blick gehabt und so gewirkt, als habe er jeden Bezug zur Realität verloren, als würde er den Menschen vor sich gar nicht mehr wahrnehmen.

Der Terrorverdächtige war Franzose. Der 20 oder 21 Jahre alte Mann war nach Medieninformationen vor acht Jahren eingebürgert worden. Der Regionalsender France 3 berichtete, er habe in Straßburg Abitur gemacht und sei erst kürzlich mit seinen Eltern in die Hauptstadtregion gekommen. Sein Vater und seine Mutter wurden nach dem Anschlag in Gewahrsam genommen. Der Name des Pariser Täters stand in einer Behördenliste für potenzielle Gefährder, aber sein Motiv blieb zunächst im Dunkeln.

Der Anschlag weckt Erinnerungen an schlimme Zeiten. „Unsere Stadt wurde heute Abend tief verletzt“, resümiert Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Paris war in den vergangenen Jahren Schauplatz schlimmer Attacken gewesen. So hatten Islamisten in der Nacht des 13. November 2015 zusammen 130 Menschen ermordet.

Die Regierung hatte den Ausnahmezustand zwar im vergangenen Jahr beendet, doch es patrouillieren immer noch schwer bewaffnete Soldaten in Paris und in Provinzstädten. Zuletzt hatte im März ein bekennender Islamist in der Region Carcassonne vier Menschen getötet - darunter einen Gendarmen, der sich ihm als Austauschgeisel angeboten hatte.

Die erneute Attacke im Herzen der Hauptstadt heizt die Debatte um die innere Sicherheit in Frankreich wieder an. Konservative und Rechtspopulisten werfen dem sozialliberalen Staatschef Emmanuel Macron schon seit langem Nachlässigkeit im Anti-Terror-Kampf vor. Der 40-Jährige erklärte nach dem Angriff, Frankreich habe erneut „den Preis des Blutes“ bezahlt, werde aber vor den „Feinden der Freiheit“ keinen Zoll zurückweichen.

Das Land hatte seine Sicherheitsgesetze erst im vergangenen Herbst verschärft. Es wird seit gut drei Jahren von einer islamistischen Terrorwelle mit mehr als 240 Todesopfern erschüttert. Chefermittler François Molins hatte noch im vergangenen Monat davor gewarnt, dass die Terrorbedrohung dauerhaft hoch bleibe.