Bundespräsident Gauck fordert „solidarisches Land“
Berlin (dpa) - Weihnachten - das ist für den Bundespräsidenten Anlass zur Besinnung. In seiner ersten Ansprache zum Fest als Staatsoberhaupt wünscht sich Joachim Gauck von den Bürgern Zuversicht - und Engagement bei der Gestaltung der Zukunft.
„Deutschland hat die Krise bisher gut gemeistert“, sagte er in seiner ersten Weihnachtsansprache als Staatsoberhaupt. Verglichen mit anderen Europäern gehe es den meisten Bürgern hierzulande „wirtschaftlich gut, ja sogar sehr gut“. Zudem hätten radikale Parteien nicht davon profitieren können, dass auch in Deutschland ein Teil der Menschen verunsichert sei.
Gauck sagte laut vorab veröffentlichtem Redemanuskript in der Ansprache, die am Abend des ersten Weihnachtstages (25.12.) ausgestrahlt wird: „Sie sind verunsichert angesichts eines Lebens, das schneller, unübersichtlicher, instabiler geworden ist. Die Schere zwischen arm und reich geht auseinander, der Klimawandel erfordert ebenso neue Antworten wie eine alternde Gesellschaft.“ Sorge bereite zudem die Gewalt in U-Bahnhöfen oder auf Straßen, „wo Menschen auch deshalb angegriffen werden, weil sie schwarze Haare und eine dunkle Haut haben“.
Der Bundespräsident betonte: „Angesichts all dessen brauchen wir nicht nur tatkräftige Politiker, sondern auch engagierte Bürger.“ Weihnachten sei nicht nur für Christen Anlass zur Rückbesinnung. „Auch für Muslime, Juden, Menschen anderen Glaubens und Atheisten ist es ein Fest des Innehaltens, ein Fest der Verwandten und Wahlverwandten, ein Fest, das verbindet, wenn Menschen sich besuchen und beschenken - mit schönen Dingen, vor allem jedoch mit Zuwendung“, sagte Gauck.
Der Bundespräsident hob mit Blick in die Zukunft hervor: „Ja - wir wollen ein solidarisches Land. Ein Land, das den Jungen Wege in ein gutes Leben eröffnet und den Alten Raum in unserer Mitte belässt. Ein Land, das jene, die seit Generationen hier leben, mit jenen verbindet, die sich erst vor kurzem hier beheimatet haben.“ Deutschland werde zwar nie alle Flüchtlinge aufnehmen können, die kommen wollten. Gauck: „Aber Verfolgten wollen wir mit offenem Herzen Asyl gewähren und wohlwollend Zuwanderern begegnen, die unser Land braucht.“
Der Bundespräsident würdigte erneut auch den Einsatz deutscher Soldaten und Zivilhelfer in Afghanistan. Seine Reise in das Land am Hindukusch habe ihm kürzlich vor Augen geführt, wie kostbar der Frieden sei, der seit über 60 Jahren in Europa herrscht. Gauck: „Gesichert hat ihn die europäische Idee. Zu Recht hat die Europäische Union den Friedensnobelpreis erhalten.“ Jetzt gehe es aber in Europa um die Frage, ob der politische Wille alles das wird zusammenhalten können, „was ökonomisch und kulturell so unterschiedlich ist“.