Mit Schnellbooten und Eseln Cannabis-Schmuggel an der Adria
Athen (dpa) - James Bond ist nichts dagegen: Mit Hochgeschwindigkeit jagt ein leistungsstarkes Motorboot über die Wellen. Nur wenige Meter darüber fliegt ein Polizeihubschrauber. Die Beamten schießen aus der Luft vor den Bug des Bootes ins Wasser, doch die Schmuggler lassen sich davon nicht beirren.
Erst als auch ein Schnellboot der Wasserpolizei hinzustößt, drehen die Drogenkuriere bei. Diese Szene, im April von der griechischen Küstenwache aufgenommen, zeigt den Alltag an der Adria und im Ionischen Meer. 1,5 Tonnen Haschisch habe man an jenem Tag sicherstellen können, teilten die Behörden mit - ein schöner Erfolg und doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Wie viele Tonnen jährlich über das Mittelmeer nach Italien und weiter ins restliche Europa gelangen, vermag niemand zu sagen. In jedem Fall gilt Albanien als größter Cannabis-Produzent Europas, und auch Griechenland spielt vorne mit.
Schon längst kooperieren die italienischen und griechischen Behörden bei den Verfolgungsjagden auf dem Meer - nicht zuletzt, weil die Schmuggler besser ausgestattet sind als sie selbst. Polizeifotos zeigen kleine, leichte Schnellboote, die mit bis zu vier Außenbordmotoren über bis zu 1400 PS verfügen.
Die kürzeste Strecke zwischen Albanien und Italien beträgt rund 70 Kilometer - mit ihren übermotorisierten Booten bringen die Kuriere ihre Ware innerhalb von einer Stunde zu den Kollegen an der Küste gegenüber. Die starken, aber auch größeren und weniger wendigen Polizeiboote können da kaum mithalten.
Rückt die Polizei dennoch zu dicht auf, werden die in Kunststoff verpackten Drogenpakete zum Zwecke der Beweisvernichtung einfach über Bord geworfen. Wer an den Stränden der griechischen Inseln Othoni, Kefalonia oder auch Zakynthos spazieren geht, kann durchaus fündig werden, denn dort schwemmt das Meer solche Pakete immer wieder an.
Und nicht nur mit schierer PS-Stärke wird beim Schmuggel operiert; machtlos ist die Polizei auch gegen ganz unzeitgemäße Transportmittel. „Um das Cannabis gefahrlos über die grüne Grenze von Albanien nach Griechenland zu transportieren, richten die Schmuggler Esel ab, die die Trampelpfade alleine bewältigen und auf der anderen Seite erwartet werden“, erklärt ein Polizeisprecher. Stößt die Polizei auf solch einen Trupp, kann sie lediglich die Vierbeiner und die Drogen beschlagnahmen - die Drahtzieher bleiben auf freiem Fuß.
Was lustig klingt, ist für die Beamten bitterer Ernst. „Ich habe Angst, dort an der Grenze zu kontrollieren - man weiß nie, wann und wo die Drogenmafia auftaucht und ob sie schießen“, sagt ein griechischer Grenzbeamter der Deutschen Presse-Agentur und bilanziert: „Besser, man begegnet ihnen gar nicht erst.“
Abnehmer gibt es für die illegale Ware in ganz Europa, denn die Qualität von albanischem und auch griechischem Marihuana soll ausgezeichnet sein. Während illegale Cannabis-Anbauer in Deutschland auf eng besiedeltem Raum mit Gewächshäusern, Wärmelampen und horrenden Stromrechnungen hantieren, wächst Cannabis in manchen südeuropäischen Regionen fast wie von selbst - überall dort, wo es nicht zu trocken und dazu warm und sonnig ist.
Recht erfolgreich ist man beim Anbau zum Beispiel in der griechischen Region Kalamata auf der Halbinsel Peloponnes. Eigentlich ist Kalamata international für seine schwarz glänzenden Oliven und sein erstklassiges Olivenöl bekannt. Mittlerweile verdienen die Menschen vor Ort jedoch offenbar mehr mit dem illegalen Anbau von Cannabis.
Die Zahlen der griechischen Polizei, die von 2005 bis 2015 reichen, belegen einen landesweiten Anstieg, der nicht zuletzt der griechischen Wirtschaftskrise geschuldet sein dürfte. Rund 55 000 Pflanzen vernichteten die Beamten im Jahr 2015 in ganz Griechenland - gut zwei Drittel mehr als im Durchschnitt der zehn erhobenen Jahre. Mit Macheten und Kettensägen muss die Drogenpolizei auf manchen Plantagen gegen die bis zu vier Meter hohen Gewächse vorgehen.
Wenn es ihr denn überhaupt gelingt, bis zu den Plantagen vorzudringen. So herrscht in der Provinz Mylopotamos auf Kreta eine Cannabis-Mafia, die groß angelegte Razzien in unzugänglichen Bergregionen durchaus mal mit Sperrfeuer aus Maschinengewehren empfängt. Selbst schwer bewaffnete Spezialbeamte trauen sich kaum in diese Gegenden. 2007 waren bei einer Razzia drei Beamte durch Schüsse verletzt worden, einer davon lebensgefährlich. Mehr als 40 Personen wurden anschließend festgenommen und vor Gericht gestellt.
Während die griechische Polizei im Kampf gegen den Anbau und Schmuggel von Cannabis dennoch zunehmend Erfolge erzielt, sieht es in Albanien weiterhin düster aus. Experten sprechen längst von der „Cannabisation“ des Landes. Zwar verzeichnet die Polizei auch dort immer wieder Schläge gegen den Drogenmarkt - so sollen im vergangenen Jahr mehr als 2,3 Millionen Cannabispflanzen zerstört worden sein -, aber für die Menschen im ärmsten Land Europas geht es beim Anbau nicht etwa um den Rausch, sondern ums Geld und das nackte Überleben.