Hellwach am Geburtstag Carlsen verteidigt mit Zauberzügen Schach-WM-Titel

New York (dpa) - Der dramatische Kampf auf 64 Feldern hat bei Magnus Carlsen deutliche Spuren hinterlassen. „Das war mein bisher schwerster WM-Kampf“, kommentierte der alte und neue Schach-Weltmeister seine erfolgreiche Titelverteidigung erleichtert.

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Der Norweger besiegte in New York seinen Herausforderer Sergej Karjakin aus Russland in einem furiosen Tiebreak-Finale mit 3:1 - und das an seinem 26. Geburtstag. Der junge Skandinavier, der seit 2013 Champion ist und über mangelndes Selbstbewusstsein nicht klagen kann, lobte auch seinen Widersacher.

„Sergej hat stark gespielt“, erklärte Carlsen über den fast gleichaltrigen russischen Hoffnungsträger. Karjakin erwies sich in dem Duell der ehemaligen Wunderkinder als ein fast ebenbürtiger Gegner und als höflicher Verlierer. Er gratulierte Carlsen zunächst zum Geburtstag und zur WM-Krone und kündigte danach mit einem Lächeln an: „Mein Plan ist es, in zwei Jahren wieder um den Titel zu spielen.“

Immerhin hatte Karjakin die Verlängerung erzwungen, weil es nach 12 Partien mit normaler Bedenkzeit 6:6 stand. Carlsen, der lediglich ein Match gewinnen konnte, wirkte nicht in Topform und scheiterte immer wieder an der perfekten Abwehrkunst des gebürtigen Ukrainers. Doch an seinem Ehrentag war der norwegische Top-Star hellwach und zauberte bei den Schnellschach-Partien mit jeweils 25 Minuten Bedenkzeit einige Züge auf das Brett, die sich die Experten von WM-Beginn an von ihm erhofft hatten.

Die Dramatik im Tiebreak steigerte sich mit jedem Zug. Nach einem Remis in der ersten Begegnung übernahm Carlsen im zweiten Spiel mit Weiß die Initiative und hatte eine klare Gewinnstellung. Der Computer, der die Chancen berechnet, sah den Skandinavier zeitweise mit 80:20 Prozent vorn. Doch Karjakin hielt stark dagegen. Er opferte alle Figuren, hatte zum Schluss nur noch seinen König im Spiel, der aber nicht im Schach stand. So rettete er sich in ein Patt (Remis), was äußerst selten in einem WM-Kampf passiert.

Danach wuchs die Hoffnung bei den zahlreichen russischen Schachfans, die die Partie beim Public Viewing in Moskau und anderen Großstädten verfolgten. Sie hatten den Abwehrstrategen Karjakin scherzhaft als „Verteidigungsminister“ bezeichnet. Doch Carlsen legte noch einmal eine Schippe drauf. Der Weltmeister zeigte in den beiden folgenden Spielen seine beste Leistung im Match und krönte seinen Sieg in der letzten Partie mit einer brillanten Mattattacke.

Während Russland weiterhin auf den ersten Schach-Weltmeister seit 2007 warten muss, war der Jubel bei den norwegischen Fans und Medien riesengroß. „KönigMagnus regiert weiter. Glückwunsch, MagnusCarlsen! Du bist der Beste!“, twitterte ein Fan. Dass Carlsen in der Rede nach dem Triumph seinen Vater als „den besten Menschen, den ich kenne“, bezeichnete, kam weltweit und auch in Deutschland gut an.

„Magnus Carlsen ist ein Vorbild für die Jugend. Er verschafft unserem Sport große Aufmerksamkeit. Sein Beispiel sollte auch hierzulande viele Kinder anregen, Schach zu spielen“, kommentierte Herbert Bastian, der Präsident des Deutschen Schachbundes.

Das Match in New York wurde weltweit mit Spannung verfolgt. Das norwegische Fernsehen übertrug alle Spiele direkt. Nach Angaben des Weltverbandes FIDE verfolgten rund zehn Millionen Menschen die Übertragungen auf der Homepage „World Chess“ des Veranstalters. Rund 10 000 Zuschauer waren live vor Ort im Fulton Market Building in der New Yorker South Street dabei.

Von der WM-Börse, die 1,1 Millionen Dollar beträgt, kassiert Carlsen 60 Prozent, Karjakin den Rest. Die nächste Schach-Weltmeisterschaft der Männer ist für 2018 vorgesehen. Der Herausforderer von Carlsen wird in einem Kandidatenturnier ermittelt.