Chronologie: Die Kostendebatte um Stuttgart 21
Stuttgart (dpa) - Erste Pläne für eine Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs wurden im April 1994 vorgestellt. Die prognostizierten Kosten haben sich seitdem immens gesteigert. dpa dokumentiert die wichtigsten Etappen der vergangenen Jahre:November 1995: Bahn, Bund, Land und Stadt unterzeichnen eine Rahmenvereinbarung.
Das Projekt soll rund fünf Milliarden Mark (knapp 2,6 Milliarden Euro) kosten.
Juli 2004: Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn gibt die neuen Kosten von Stuttgart 21 mit 2,8 Milliarden Euro an.
19. August 2008: Die Landesregierung räumt Mehrkosten bei Stuttgart 21 ein. Das Vorhaben soll jetzt 3,076 Milliarden Euro kosten.
3. November 2008: Der Bundesrechnungshof prophezeit Mehrkosten von mehr als zwei Milliarden Euro. Die Prognose des Finanzkontrolleure für Stuttgart 21 lautet auf mehr als 5 Milliarden Euro.
2. April 2009: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Vorstand Stefan Garber unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung. Kostenstand für Stuttgart 21: gut drei Milliarden Euro.
8. November 2009: Bahnchef Rüdiger Grube legt die „Sollbruchstelle“ für Stuttgart 21 mit 4,53 Milliarden Euro fest. Werde diese Grenze überschritten, müssten die Projektträger erneut über die Finanzierung sprechen.
10. Dezember 2009: Nach dem Bahnaufsichtsrat stellen auch die anderen Geldgeber Land, Stadt und Region Stuttgart trotz einer Steigerung auf jetzt 4,1 Milliarden Euro die Weichen für Stuttgart 21.
2. Februar 2010: Die Bauarbeiten beginnen.
11. August 2010: Ein Gutachten für das Umweltbundesamt wird bekannt, das für Stuttgart 21 und die neue Schnellbahntrasse eine weitere Kostenexplosion auf bis zu 11 Milliarden Euro vorhersagt.
30. November 2010: Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler gibt der Bahn Nachbesserungen an Stuttgart 21 mit auf den Weg, deren Kosten nach Ansicht von Gegnern auf bis zu 500 Millionen Euro betragen könnten.
7. Dezember 2010: Die Bahn hat nach einem Zeitungsbericht schon bei der Unterzeichnung der Finanzierungsverträge über Stuttgart 21 im April 2009 deutliche Kostensteigerungen verschwiegen. Statt der im Vertrag genannten 3,076 Milliarden Euro hätten die Bahnplaner bereits Ende 2008 Kosten von 3,93 Milliarden Euro ermittelt.
14. August 2011: Das grüne Verkehrsministerium stellt Rechercheergebnisse vor, nach denen schon die schwarz-gelbe Koalition Zweifel an der Kalkulation der Bahn hatte. Demnach ist in einem Aktenvermerk von November 2009 festgehalten, die Kosten lägen nahe an fünf Milliarden Euro.
13. September 2011: Das grün-rote Kabinett macht mit einem Beschluss deutlich, dass das Land keinen Cent mehr als die vorgesehenen 824 Millionen Euro zahlt, sollte der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro gesprengt werden.
16. September 2011: Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gibt in einer Sondersitzung des Landtags die Stuttgart-21-Kosten mit bis zu sechs Milliarden Euro an.
23. März 2012: Die Bahn gibt bekannt, dass der Bahnhof voraussichtlich erst mit einem Jahr Verzögerung im Jahr 2020 in Betrieb geht - und sieht die Bausumme nach wichtigen Vergaben bei 4,3 Milliarden Euro.
23. Oktober 2012: Der Flughafenbahnhof wird teurer. Die Bahn beziffert die Kosten für den sogenannten „Filderbahnhof plus“ auf 760 Millionen Euro, 224 Millionen Euro mehr als bisher genannt.
06. Dezember 2012: Eine Kostenexplosion zeichnet sich ab. Ein Vertreter des Bahn-Konzerns sagt dem Hessischen Rundfunk: „Insgesamt läuft es auf Kosten von sechs Milliarden hinaus.“
12. Dezember 2012: Die Bestätigung: Der Bahnvorstand gesteht bei einer Aufsichtsratssitzung ein, dass das Vorhaben um mindestens 1,1 Milliarden Euro teurer wird. Hinzu kommen Risiken von bis zu 1,2 Milliarden Euro.
21. Januar 2013: Während einer informellen Sitzung des Lenkungskreises verspricht Bahn-Technikvorstand Volker Kefer den Projektpartnern umfängliche Informationen mittels eines neuen Datenraums.
5. Februar: Ein kritisches Papier aus dem Bundesverkehrsministerium zu Stuttgart 21 bringt die Bahn erneut in Erklärungsnot. Zudem kündigt der Bundesrechnungshof an, die Kostenkalkulation für Stuttgart 21 erneut zu prüfen.
18. Februar: Bahn zieht die Sprechklausel, um mit den Projektpartnern über die Verteilung der Mehrkosten zu beraten. Bei der Stadt Stuttgart und Land beißt Bahn-Technikvorstand Volker Kefer auf Granit. Sie wollen ihre Beiträge nicht erhöhen.
19. Februar: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekennt sich zu Stuttgart 21, verbittet sich aber „weitere Kostenüberraschungen“.
22. Februar: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt sich hinter das Projekt: „Stuttgart 21 wird gebaut.“
25. Februar: Bahnchef Rüdiger Grube droht im Streit mit dem Land und der Stadt Stuttgart um die Übernahme der Mehrkosten in Milliardenhöhe bei Stuttgart 21 offen mit einer Klage.
05. März: Der Aufsichtsrat der Bahn entscheidet über die vom Vorstand vorgeschlagene Erweiterung des Finanzrahmen um zwei Milliarden auf 6,5 Milliarden Euro. Damit liegt die Zukunft des Bahnprojektes in den Händen der Kontrolleure.