Comeback am Kapitalmarkt: Athen sammelt drei Milliarden ein
Athen (dpa) - Fast vier Jahre nach dem finanziellen Kollaps hat sich Griechenland erstmals wieder Kapital bei privaten Investoren beschafft. Dabei sammelte das krisengeplagte Land nach Angaben des Finanzministeriums drei Milliarden Euro ein, rund eine halbe Milliarde mehr als angepeilt.
Die Anleger erhalten dafür einen Zinssatz von 4,75 Prozent. Die Nachfrage nach den Anleihen war enorm. „Es ist für uns wie ein erster Schritt nach einer schweren Operation“, hieß es aus dem Ministerium.
Wie hoch am Ende faktisch der Ertrag für die Anleger sein wird, blieb zunächst offen. Nach früheren Angaben aus Finanzkreisen soll die Rendite bei ungefähr fünf Prozent liegen. Die Rendite ergibt sich bei Anleihen aus dem Zinssatz, dem sogenannten Kupon, und dem Ausgabekurs der Anleihe. „Alles was unter 5,3 Prozent ist, ist für uns super“, hatte es vor der Versteigerung aus dem Finanzministerium geheißen.
Griechenland war seit der Beinahepleite ab dem Frühjahr 2010 vom privaten Kapitalmarkt abgeschnitten, weil Anleger wegen des finanziellen Desasters das Vertrauen in das Land verloren hatten. In der Hochphase der Schuldenkrise kletterte die Rendite zehnjähriger Papiere deswegen zeitweise auf über 30 Prozent.
Die EU-Kommission begrüßte die erfolgreiche Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt. „Heute ist ein sehr guter Tag“, sagte EU-Kommissar Joaquín Almunia nach einem Treffen mit dem griechischen Finanzminister Ioannis Stournaras in Athen. „Heute sehen wir die Ergebnisse der großen Bemühungen der griechischen Behörden und der griechischen Bürger für die Überwindung einer großen Krise“, sagte er weiter.
Der griechische Vizeministerpräsident Evangelos Venizelos erklärte sichtlich zufrieden im griechischen Fernsehen: „Das Ereignis des Tages ist die feierliche Rückkehr Griechenlands an die Märkte“.
Negative Töne kamen dagegen von Alexis Tsipras, dem Chef der größten griechischen Oppositionspartei Bündnis der radikalen Linken: Mit dem Kredit schieße sich Athen „ins Bein“. Was das Land brauche, sei ein Schuldenschnitt.
Griechenland gibt die neuen Anleihen unter britischem Recht aus. Damit setzt Athen ein starkes Zeichen, um Befürchtungen eines erneuten Zahlungsausfalls für private Anleger zu zerstreuen.
Zur Erinnerung: Vor nur zwei Jahren hatte das überschuldete Griechenland seine Anleihehalter zu einem massiven Forderungsverzicht gedrängt. Im Schnitt mussten mehr als 70 Prozent vom Nennwert abgeschrieben werden. Möglich war dies, weil die umgeschuldeten Papiere griechischem Recht unterlagen. Einzelne Anleihen unter britischem oder auch schweizerischem Recht blieben damals vom sogenannten „Haircut“ verschont.
Es ist die erste Ausgabe einer länger laufenden Staatsanleihe, seitdem das Land 2010 mit milliardenschweren Krediten vor der Pleite bewahrt wurde. Der letzte Versuch verlief traumatisch: Athen wollte sich im April 2010 eine Milliarde Euro für 20 Jahre leihen. Es kamen aber nur Angebote für lediglich 390 Millionen Euro zusammen. Wenige Tage später richtete Athen einen Hilferuf an die Euro-Partner.
Es sei „der große Schritt“, der das Land aus der engen Überwachung der Geldgeber befreien werde, titelte die Boulevardzeitung „Ethnos“. Das linke Blatt „Avgi“, das dem oppositionellen Bündnis der radikalen Linken (Syriza) nahesteht, prophezeite dagegen „neue harte Sparmaßnahmen“ für die Griechen. „Spektakuläre Rückkehr an die Märkte“, titelte die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“.