Das ABC der Flüchtlingsdebatte
Berlin (dpa) - Was ist eigentlich subsidiärer Schutz? Was sind Willkommenskultur, Hotspots und Obergrenzen? Die Flüchtlingsdebatte hat viele Begriffe. Ein Überblick von A bis Z:
Antragsstau - Vom Ziel, Anträge binnen drei Monaten zu bearbeiten, ist Deutschland noch weit entfernt. In einigen Fällen bekommen Flüchtlinge auch erst in einem Jahr einen weiteren Termin.
BAMF - Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg ist für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Den Antrag können die Flüchtlinge bei einer Außenstelle des BAMF stellen.
Chaoskoalition - Der Streit um die Asylpolitik sorgt immer wieder für Dissonanzen in der Regierung. Die Opposition warf Schwarz-Gelb vor, ein „Chaosbild“ abzugeben.
Dunkeldeutschland - Davor warnte Bundespräsident Joachim Gauck angesichts der Anschläge auf geplante Flüchtlingsunterkünfte. 2015 wurden Flüchtlingsunterkünfte mehr als viermal so oft angegriffen wie im Vorjahr. Bis zum 7. Dezember verzeichnete das Bundeskriminalamt 817 Fälle.
Erstaufnahmeeinrichtung - Flüchtlinge kommen zunächst in eine Erstaufnahmeeinrichtung. Die Aufnahmekapazitäten sind jedoch längst überschritten, die Heime überbelegt. Viele Flüchtlinge sind auch in provisorischen Containern oder beheizten Zelten untergebracht.
Familiennachzug - Für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe soll der Familiennachzug vorerst ausgesetzt werden. Es geht um Menschen, für die nur „subsidiärer Schutz“ in Deutschland gilt - die also nicht als Flüchtling anerkannt sind, aber dennoch nicht heimgeschickt werden.
Genfer Konvention - Die Genfer Flüchtlingskonvention ist ein Abkommen aus dem Jahr 1951. Demnach ist ein Flüchtling eine Person, die etwa wegen ihrer Religion, Staatszugehörigkeit, einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung fliehen musste.
Hotspot - werden Registrierzentren genannt. Im Idealfall sollen sich die Flüchtlinge gleich zu Beginn ihres Weges in die EU registrieren lassen. Athen fordert, Hotspots nicht nur auf griechischen Inseln, sondern auch auf dem türkischen Festland zu eröffnen.
Integrationskurse - Jeder schutzbedürftige Flüchtling soll einen solchen Kurs in Deutschland zugesichert bekommen. Sprachkurse, notwendige Spezial- oder Fortbildungen sollen den Flüchtlingen helfen, fit für den Arbeitsmarkt zu werden.
Königsteiner Schlüssel - Welches Bundesland wie viele Flüchtlinge aufnehmen muss, legt der Königsteiner Schlüssel fest. Grundlage ist dabei: mehr Bürger, mehr Steuern, mehr Flüchtlinge. Einige Bundesländer fordern Nachbesserungen.
Lageso - Seit Monaten sammeln sich vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales im Berliner Stadtteil Moabit jeden Tag Hunderte Flüchtlinge und warten auf die Bearbeitung ihrer Anträge. Das Chaos kostete Lageso-Chef Franz Allert den Job.
Merkel - Wegen ihrer großzügigen Flüchtlingspolitik feierten viele Flüchtlinge Kanzlerin Angela Merkel als „Mama Merkel“ - inklusive Selfies und Liebesbekundungen.
Notzelte - Nicht alle provisorischen Unterkünfte sind auf schlechte Witterung und Kälte ausgelegt. Bei Windstärke zehn mussten Flüchtlinge aus den Notzelten evakuiert werden.
Obergrenze - In der Koalition gibt es heftigen Streit um die Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Während die Kanzlerin und auch die SPD eine Obergrenze ablehnen, macht sich vor allem die CSU dafür stark.
Personalmangel - Es gibt zu wenig Bearbeiter, Dolmetscher oder Entscheider bei den Behörden - mit der Folge, dass Flüchtlinge immer länger auf ihre Papiere warten müssen.
Quote - Die EU will verbindliche Quoten, nach denen die Flüchtlinge in den einzelnen Staaten verteilt werden sollen. Vor allem mittel- und osteuropäischen Staaten sind dagegen.
Residenzpflicht - Während ihres Aufenthalts soll Flüchtlingen eine strenge Residenzpflicht auferlegt werden: Sie dürfen dann den jeweiligen Landkreis nicht verlassen. Tun sie das doch, werden Leistungen gestrichen und das Asylverfahren ruht.
Subsidiärer Schutz - Diesen Status gibt es für Menschen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, Deutschland aber trotzdem nicht verlassen müssen - etwa weil ihr Leben in der Heimat ernsthaft bedroht ist.
Transitzone - Nicht nur die Bezeichnung löste einen Streit in der Koalition aus. Der Unionsvorschlag sah vor, Flüchtlinge wie am Flughafen direkt an der Grenze aufzuhalten und gegebenenfalls wieder abzuschieben. Die SPD kritisierte diese als Haftanstalten.
Umsiedlung - Dabei werden Menschen, die entweder Schutz benötigen oder bereits Asyl bekommen haben, von einem EU-Land in ein anderes gebracht. Das Programm war im September von einigen EU-Ländern beschlossen worden. Den Anfang machten im Oktober 19 Eritreer, die von Rom nach Schweden geflogen wurden.
Visegrad-Gruppe - Tschechien, Slowakei, Polen und Ungarn gehören zur V4 - einem losen Zusammenschluss mittelosteuropäischer Länder. Sie unterstützen die Balkanländer mit Soldaten und Polizisten zur Grenzsicherung.
Willkommenskultur - Im September begrüßten viele Menschen die Flüchtlinge an den Bahnhöfen mit Applaus, schenkten ihnen Blumen, Stofftiere und Essen. Ehrenamtliche helfen ihnen im Alltag und sagen: Willkommen in Deutschland.
Yoga-Integration - In Hamburg bietet ein Yoga-Institut Kurse für traumatisierte Flüchtlinge an: Durch die Meditation sollen besonders junge Migranten die Belastungen besser verarbeiten.
Zustrom, Fluten, Wellen und Lawinen - die Ankunft der zahlreichen Flüchtlinge in die Nähe von Naturgewalten zu rücken, davor war selbst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht gefeit. Für seinen Lawinen-Vergleich erntete er Kritik nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Koalitionspartner.